CallCenter Profi

Kurzinterview: Digitalisierung im Mittelstand? Ruhe bewahren!

 – Alexander Jünger

Über die digitale Transformation, die auch vor kleinen und mittelständischen Unternehmen nicht Halt macht, sprachen wir mit Thomas Denk, Geschäftsführer des auf digitale Transformation und Kundendaten spezialisierten Unternehmens Deliberate.

CallCenterProfi: Herr Denk, nach Ihrer Auffassung ist die digitale Transformation bisher noch nicht im Mittelstand angekommen. Wo sehen Sie die Gründe dafür?
Denk: Der Mittelstand ist durch langfristige Planung, Kundennähe und Mitarbeiterorientierung geprägt. Schnellschüsse passen da nicht. Investitionen in neue Kundenkanäle werden als Investition in die Zukunft gesehen. Die Vielfalt der Angebote und die für die Digitalisierung erforderliche Informationsbasis überfordern viele Mittelständler. Daher kümmern sie sich zuerst um die Digitalisierung interner Prozesse und der Produktion. Der Schlüssel aber liegt in Kundennähe und Mitarbeiterorientierung. Hier müssen die Unternehmen aufholen. Welche Kommunikationskanäle passen? Kann ich ERP, CRM, Produktion und vor allem die Mitarbeiter auf die neuen Herausforderungen vorbereiten? Nur wenn das gesamte Unternehmen geschlossen die Digitalisierung angeht, wird sie erfolgreich sein. Noch immer gibt es Unternehmen, die in der Digitalisierung keinen Vorteil sehen. Hier handelt es sich schlicht um Informationsdefizite, die schnell behoben werden müssen.

CallCenterProfi: Vorausgesetzt, die Entscheider im Mittelstand erkennen die Notwendigkeit, in Sachen digitaler Transformation mit den Konzernen gleichzuziehen. Welche Vorgehensweise hat sich aus Ihrer Sicht bewährt?
Denk: Vor allem Ruhe bewahren. Ich muss mir zuerst klar werden, wo ich als Unternehmer, wo meine Mitarbeiter und mein Unternehmen stehen. Im nächsten Schritt beschäftige ich mich mit Trends, Einflüssen, Anforderungen, die auf mein Unternehmen einwirken. Wichtig ist eine offene und ehrliche Einschätzung zum eigenen Unternehmen. Betriebsblindheit kann ich nur mit einer offenen Kommunikationskultur umgehen. Das ist die am schwierigsten zu erreichende Voraussetzung. Um herauszufinden, wie sich mein Unternehmen aktuell im Markt positioniert, muss ich Mitarbeiter aus allen wichtigen Prozessen einbinden. Gemeinsam werden unterschiedliche Sichten auf das Unternehmen gesammelt und ausgewertet. Da Eigen- und Fremdwahrnehmung nie in Deckung sind, ist es ratsam, externe Expertise in Sachen Veränderungsmanagement und Digitalisierung hinzuzuziehen. Der Prozess muss so offen und inspirierend wie möglich sein. Gemeinsam werden Zukunftsszenarien entwickelt. Der externe Experte darf dabei nur als Impulsgeber und Moderator wirken. Die Innovationskraft steckt im eigenen Unternehmen, sie gilt es zu heben. Interessante Ansätze werden priorisiert und in Teams untersucht. Die besten Ansätze werden über Pilotprojekte überprüft und die entsprechenden Erfahrungen gesammelt.

CallCenterProfi: Sie sagen „Digitalisierung ist mehr als ein IT-Thema“. Wie meinen Sie das genau?
Denk: Die IT hat einen der höchsten Wertbeiträge zur Digitalisierung zu leisten. Allerdings: Die Digitalisierung von Prozessen und Abläufen schafft ständig neue Berührungspunkte zu den Kunden. Die meisten sind für den Kunden nicht sichtbar: Ein Server etwa kann einen Bestellvorgang dermaßen verlangsamen, dass der Kunde den Vorgang abbricht. Andererseits kann ich Rückschlüsse auf das Kaufverhalten des Kunden ziehen, wenn ich seine Aktivitäten während des Kaufes auswerte. Das wird immer wichtiger, da der Kunde zunehmend auf personalisierte Produkte und Dienstleistungen fixiert ist. In Zukunft geht es nicht mehr um Zielgruppen, sondern um einzelne Personen, um Identitäten. Ein Kunde kann ändernde Interessen über die Jahre hinweg entwickeln. Dafür muss man ein hervorragendes Verständnis entwickeln, denn der Umgang mit dem Kunden ist einer der Schlüssel zum Erfolg. Das war er immer – aber heute bedienen sich die Kunden unterschiedlichster Kommunikationskanäle und Informationsquellen. Die Prozesse müssen daher nicht nur digitalisiert, sondern entsprechend angepasst werden. Mitarbeiter müssen gegebenenfalls mit veränderten Kompetenzen ausgestattet werden. Ich muss mir sehr genau anschauen, wo künftig im Dialog mit dem Kunden Entscheidungen getroffen werden. Digitalisierung betrifft also das gesamte Unternehmen und nicht nur einen Teil wie die IT.

Mehr zum Thema: Der Beitrag "Digitale Transformation im Mittelstand: Kenne Deine Kunden!" steht hier im Online-Archiv zum Abruf bereit.

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