Urteil: Befristung erheblicher Arbeitszeiterhöhungen nur mit Sachgrund!
Immer wieder müssen sich Gerichte mit befristeten Erhöhungen der Arbeitszeit beschäftigten. Interessant ist diesem Zusammenhang ein Urteil des Arbeitsgerichts Köln: Geklagt hatte ein Mitarbeiter, der als „Call Center Agent Bürgerdienste“ im „Front Office“einer Stadt arbeitet.
Der Mitarbeiter ist in die Entgeltgruppe 4, Stufe 3 TVöD eingruppiert und erzielt bei einer Vollzeittätigkeit (39 Stunden pro Woche) ein Bruttomonatsentgelt in Höhe von etwa 3.400 Euro. Mit Abschluss des Arbeitsvertrags wurde zwischen den Parteien ein Arbeitszeitumfang von 64,95 Prozent einer Vollzeittätigkeit vereinbart. Dies entspricht 25,33 Stunden pro Woche.
Bereits mit Wirkung zum Beschäftigungsbeginn vereinbarten die Parteien eine befristete Erhöhung der Arbeitszeit auf zunächst 30,39 Stunden pro Woche. Mit Wirkung ab dem 1. September 2021 vereinbarten die Parteien wiederum eine befristete Erhöhung der Arbeitszeit auf 100 Prozent einer Vollzeitstelle, also 39 Stunden pro Woche. Auch diese Erhöhung war befristet bis zum 31. August 2022 und wurde anschließend einvernehmlich bis zum 31. August 2024 verlängert.
Jonas Trompeter, Experte für Arbeitsrecht und Associate der Kanzlei Heuking, hat das Urteil kommentiert: Dieses Vorgehen entspreche "dem bei der beklagten Stadt üblichen Vorgehen: Arbeitnehmer werden zwar unbefristet eingestellt; es wird allerdings jeweils nur ein Teilzeit-Stundenumfang vereinbart. Es erfolgt dann regelmäßig zunächst eine befristete Arbeitszeiterhöhung für Schulung und Einarbeitung und anschließend eine zweijährige befristete Erhöhung der Arbeitszeit auf eine Vollzeitstelle. Nach Ablauf der zweijährigen Befristungszeit prüft der Arbeitgeber, ob sich der Arbeitnehmer 'bewährt' hat. Erst, wenn dies der Fall ist, bietet der Arbeitgeber eine unbefristete Erhöhung der Arbeitszeit auf eine Vollzeitstelle an. Der Kläger hält die Befristung der Arbeitszeiterhöhung für rechtswidrig und möchte festgestellt wissen, dass seine Arbeitszeit weiterhin 100 Prozent der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit beträgt."
Das Gericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Die Befristung der Arbeitszeiterhöhung des Klägers war unwirksam.
Die rechtliche Würdigung des Urteils liest sich wie folgt: "Die Arbeitszeiterhöhung betrug im entschiedenen Fall mehr als 25 Prozent und war damit nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) erheblich. Die Befristung einer solchen erheblichen Arbeitszeiterhöhung stellt eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB dar und ist damit unwirksam, wenn kein Sachgrund besteht, der auch die Befristung eines Arbeitsvertrages insgesamt gemäß § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigen würde.
An einem solchen Sachgrund fehle es, so das Arbeitsgericht. Bei der Tätigkeit des Klägers im 'Front Office' handele es sich um eine Dauer-Aufgabe, die nicht nur vorübergehend anfalle. Der Sachgrund des nur vorübergehenden betrieblichen Bedarfs an der Arbeitsleistung nach (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG) sei damit gerade nicht gegeben. Die beklagte Stadt beschäftige schon allein aufgrund ihrer Größe dauerhaft eine Vielzahl von Mitarbeitern in ihrem 'Front Office' und praktiziere zudem auch das System der befristeten Arbeitszeitaufstockung dauerhaft. Der Wunsch der beklagten Stadt, dass sich die Mitarbeiter ständig neu bewähren sollen, sei als Sachgrund für eine Befristung eines Arbeitsvertrages insgesamt nicht geeignet. Nichts anderes könne auch für eine befristete Erhöhung von Arbeitszeit gelten, da ansonsten das gesetzliche Befristungsrecht umgangen würde."
Sie wollen mehr wissen?
Mehr zum Urteil sowie einen entsprechenden Praxishinweis lesen Sie hier im Blogartikel von Jonas Trompeter ...
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