Interview: „Hund im Büro“ ist kein Einrichtungsthema!

Hunde im Call Center – geht das überhaupt? Einrichtungsexpertin Sandra Stüve räumt mit Klischees auf und erklärt, warum Vierbeiner am Arbeitsplatz kein Möbel-, sondern ein Kulturthema sind. Im Interview verrät sie, was wirklich zählt – und woran viele scheitern, bevor sie starten.
CallCenterProfi: Frau Stüve, Sie haben zahlreiche Einrichtungsprojekte in Call Centern begleitet - was sind die drei größten Herausforderungen bei der Integration von Hunden in dieses spezielle Arbeitsumfeld?
Stüve: Ganz ehrlich? Das Thema „Hund im Büro“ ist kein Einrichtungsthema, sondern ein waschechtes New Work-Thema. Es geht um Kultur, um Aushandlungsprozesse - und es ist hoch emotional. Es gibt Hundemenschen, die sich ein Büro ohne Vierbeiner nicht vorstellen können und andere, die einfach Angst haben, allergisch reagieren oder aus religiösen Gründen sagen: "Geht nicht!" Die größte Herausforderung ist tatsächlich die offene Arbeitswelt mit Desksharing. Wer sitzt wann wo? Und was, wenn jemand einen Hund mitbringt, der dann auf den Schreibtischstuhl vom Vortag sabbert? Hygiene ist ein großes Thema. Das lässt sich nicht per Möbelstück lösen, sondern nur durch klare Prozesse und gute Kommunikation.
Zweitens: Es gibt keinen Standard, der für alle funktioniert. Ein Golden Retriever ist was anderes als eine Handvoll Chihuahua und nochmal was anderes als ein Pit Bull Terrier, für den Leinen- und Maulkorbpflicht gilt. Deshalb müssen alle Beteiligten auf Augenhöhe in den Prozess eingebunden werden - Mitarbeitende mit und ohne Hund, Facility Management und HR - alle!
Und drittens: Man muss den Prozess dauerhaft begleiten. Ein „Hund ja oder nein“ reicht nicht. Es braucht Klarheit und Regeln: Wer darf mitbringen? Unter welchen Bedingungen? Wo sind die Hunde? Und auch ganz wichtig ist, welche Voraussetzungen die Hunde erfüllen müssen.
CallCenterProfi: Wenn ein Call Center-Betreiber plant, erstmals Hunde am Arbeitsplatz zuzulassen - welche drei entscheidenden Einrichtungsmaßnahmen würden Sie empfehlen, um den Start zum Erfolg zu machen?
Stüve: Erstens: Regelt die Anwesenheit! Mit einer Belegungs- oder Buchungssoftware lässt sich klären, wer wann im Büro ist - inklusive Hund. So kann man ungewollte Überschneidungen vermeiden und Rückzugsräume einplanen.
Zweitens: Denkt an die Fläche. Ein großer Hund braucht mehr als eine Decke in der Ecke. Wir hatten mal ein Projekt mit festen Arbeitsplätzen in Teambüros - da konnte man ganz individuelle Lösungen schaffen: mit klaren Liegeflächen, kurzen Wegen (nicht jeder Hund liebt den Aufzug) und hygienischen Futterplätzen. Wichtiges Detail auch hier wieder eher beim Reglement: Bei Näpfen in der Spülmaschine hört der Spaß für viele auf.
Drittens: Die richtige Raumlösung wählen. In großen Unternehmen sehe ich das sogenannte „Hundebüro“ als echte Lösung: Mitarbeitende, die mit Hund kommen, arbeiten in einem speziellen Bereich - mit häufigerer Reinigung und klaren Regeln. In kleinen Teams oder Start-ups braucht es das oft nicht. Da wird der Hund Teil des Teams, man kennt sich, man achtet aufeinander.
Und wenn’s gar nicht geht? Homeoffice ist immer eine gute Lösung, wenn der Hund zum Beispiel krank ist oder sich allein nicht wohlfühlt.
CallCenterProfi: Können Sie ein konkretes Beispiel für ein gescheitertes "Hund im Büro"-Projekt in einem Call Center schildern und erklären, woran es letztendlich gescheitert ist?
Stüve: Nein, ein gescheitertes „Hund-imBüro“-Projekt hatten noch nie - einfach, weil wir das Thema frühzeitig ansprechen, mitdenken und gemeinsam mit unseren Kunden tragfähige Lösungen entwickeln. Ich erinnere mich aber gut an ein Projekt bei einer Sparkasse: Erste große Townhall zur neuen Arbeitswelt und sofort kam die Frage: „Darf ich meinen Hund mitbringen?“ Die Facility-Verantwortlichen waren erstmal völlig überrumpelt: „Wir investieren hier in Millionenhöhe und jetzt soll der Hund mit?“ Und natürlich schwingt dann da auch die Angst mit, was nach dem Hund noch kommen soll: Katze, Ratte oder Meerschweinchen?
Im Ernst: Wir haben das Thema also von Anfang an transparent gemacht und gemeinsam mit den Mitarbeitenden Lösungen erarbeitet. Am Ende war es ein Mix aus klaren Spielregeln und der Flexibilität, bei einer Remote-Quote von 50 Prozent den Hund natürlich im Homeoffice bei sich zu haben.
Sie wollen mehr wissen?
Mehr über Hunde im Büro und wie die Integration - auch in Call und Contact Centern - gelingen kann, erfahren Sie in der Titelstory der CallCenterProfi Fokus-Ausgabe zum Thema "Mensch". Zugriff hier (mit gültigen Zugangsdaten).
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