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HDI Berufe-Studie 2023 macht Personal- und Fachkäftemangel deutlich sichtbar

 – Alexander Jünger

Erneut hat die HDI Versicherung ihre jährliche Berufe-Studie vorgestellt. Spannendste Erkenntnis: Die Bindung der Menschen zu ihrem ausgeübten Beruf hat nach der Corona-Pandemie ein neues Rekordtief erreicht. In Verbindung mit schlechten Führungskräften ist dies für die Hälfte der Befragten ein Kündigungsgrund. Ein Lichtblick: Gute Personalarbeit hat deutlich messbare Effekte auf Mitarbeiterbindung.

Laut der repräsentativen Befragung unter 3.864 Erwerbstätigen in Deutschland berichten bereits drei von fünf Personen über Folgen eines Mangels an Personal und Fachkräften in ihren Unternehmen. Als häufigstes Resultat werden eine steigende Arbeitsbelastung (31 Prozent), stockende Arbeitsabläufe und -prozesse sowie eine wachsende Bereitschaft zum Jobwechsel (je 14 Prozent) beklagt. Und dennoch: Fast jeder zweite Arbeitnehmer (44 Prozent) fühlt sich im Unternehmen nicht gefördert und 50 Prozent können keine Aufstiegschancen erkennen. Doch die Studie zeigt auch Chancen auf: Unternehmen mit einer gezielten Personalstrategie können vielzählige Vorteile bei der Mitarbeiterbindung erzielen sowie neue Talente gewinnen.

„Der Fachkräftemangel ist inzwischen im Herzen der deutschen Wirtschaft angekommen und wird sich in den kommenden Jahren durch das Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge noch verstärken", ordnet Jens Warkentin, Vorsitzender des Vorstands von HDI Deutschland, die Ergebnisse ein. Die Unternehmen stelle das "vor gewaltige Herausforderungen in puncto Leistungsfähigkeit, Prozesssicherheit und Kundenservice".

Gute Personalarbeit entscheidet ...
Korrelationsanalysen innerhalb der HDI Berufe-Studie 2023 förderten interessante Zusammenhänge zutage. So sagen Beschäftigte, die sich von ihrem Arbeitgeber gefördert fühlen, weit häufiger als Beschäftigte, die sich nicht gefördert fühlen, dass ihnen „der Beruf viel bedeutet“ (58 Prozent zu nur 37 Prozent) und sie ihn „als sinnstiftend empfinden“ (57 Prozent zu 38 Prozent). Ebenfalls nehmen sie den digitalen Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft viel häufiger als hilfreich an (63 Prozent zu 42 Prozent) und trauen auch dem mobilen Arbeiten deutlich öfter bessere Ergebnisse zu (48 Prozent zu 37 Prozent).

... gute Führung auch
Exakt jeder zweite Angestellte in Deutschland würde wegen schlechten Vorgesetzten kündigen, bei den unter 40-Jährigen sogar 56 Prozent (45 Prozent bei Älteren). Frauen sind dabei entschlossener als Männer (53 Prozent zu 48 Prozent) und in Westdeutschland sind mehr zur Kündigung bereit als im Osten (51 Prozent zu 47 Prozent). Interessant ist dabei: Die Gehaltshöhe hat auf die Kündigungsbereitschaft nahezu keine Auswirkung.

Auch das folgende Detail lässt aufhorchen: Zum ersten Mal sagen weniger als die Hälfte aller Erwerbstätigen in Deutschland, dass ihnen „der Beruf viel bedeutet“ (47 Prozent) - der niedrigste Wert seit Start der jährlichen Erhebung im Jahr 2019. Allein gegenüber 2022 (58 Prozent) ist das ein Rückgang um rund ein Fünftel. Weniger als die Hälfte stimmen inzwischen auch der Aussage zu, dass „sie sich ein Leben ohne Beruf nicht vorstellen können.“ Interessant dabei: Die Berufsbindung der 30- bis 44-Jährigen (entspricht ungefähr der „Generation Y“) ist inzwischen die niedrigste aller Generationen. Nur rund jeder Dritte (37 Prozent) will hier beispielsweise noch der Aussage zustimmen, „dass einen Beruf auszuüben, mir mehr bedeutet, als damit Geld zu verdienen“. Das ist der niedrigste Wert im Alters-Vergleich. Selbst in der Generation der 15- bis 29-Jährigen (annähernd die „Generation Z“) liegt die Zustimmung mit 41 Prozent noch signifikant höher.

Die Sorgen und Wünsche der Mitarbeiter
Die größte Sorge der Erwerbstätigen beim Personalmangel in Deutschland ist, dass die Gesundheit der Beschäftigten und das Arbeitsklima Schaden nehmen (35 Prozent). Als zweitgrößte Sorge gilt aber schon, dass es zu einem Wissensverlust („Brain drain“) kommt, weil Mitarbeiter nicht oder nur verzögert ersetzt werden und so ihre Kenntnisse nicht weitergeben können (29 Prozent).

Als beste Maßnahme für Unternehmen, sich im Wettbewerb, um Personal durchzusetzen, nennen die Beschäftigten eine höhere Entlohnung (46 Prozent). Es folgt die Einführung der Vier-Tage-Woche mit vollem Lohnausgleich (30 Prozent) und jeder Vierte nennt auch mehr Benefits neben dem Gehalt wie etwa Betriebsrenten oder Bonussysteme (25 Prozent).

Eine höhere Entlohnung (26 Prozent) und die Vier-Tage-Woche (25 Prozent) sind auch die am häufigsten genannten Bedingungen, unter denen Beschäftigte über das gesetzliche Renteneintrittsalter hinaus arbeiten würden. Nur ein Viertel aller Arbeitnehmer schließt das grundsätzlich für sich aus. Am häufigsten innerhalb der Berufsgruppen können sich mit 82 Prozent die Beschäftigten im IT-Bereich das Weiterarbeiten vorstellen. Regional stehen die Beschäftigen der drei Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg bundesweit an der Spitze – mit jeweils teils deutlich über 70 Prozent – die bereit wären über das Rentenalter hinaus zu arbeiten. Der Freistaat Sachsen bildet dagegen mit 54 Prozent das Schlusslicht.

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Die "HDI Berufe-Studie" wird jährlich bundesweit in Zusammenarbeit mit dem Markt- und Meinungsforschungsinstitut YouGov Deutschland durchgeführt. Sie ermöglicht durch ihren Umfang auch repräsentative Aussagen für den Arbeitsmarkt der einzelnen Bundesländer. In diesem Jahr wurden insgesamt 3.864 Erwerbstätige ab 15 Jahren in den Monaten Mai und Juni 2023 befragt.

Weitere Informationen zur HDI Berufe-Studie 2023 - etwa zu regionalen Unterschieden - finden Sie hier.

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