CallCenter Profi

Interview: Customer Contact Insights 2016

 – Alexander Jünger

Man mag versucht sein, davon auszugehen, dass Kunden, die Produkte und Dienstleistungen online kaufen, auch den Service bevorzugt online in Anspruch nehmen möchten. Eine aktuelle Studie der Deutschen Telekom hat nun gezeigt, dass dies längst nicht immer der Fall ist. Gerade im E-Commerce wird der telefonische Kundenservice geschätzt – sowohl vor als auch nach dem Kauf. Über weitere Ergebnisse und Empfehlungen aus der Studie „Customer Contact Insights 2016 – Telefonischer Service im E-Commerce“ sprachen wir mit Tobias Fleischer, Leiter Marketing und Produktmanagement Servicenummern bei der Telekom Deutschland GmbH in Bonn.

CallCenterProfi: Herr Fleischer, die aktuelle Erhebung aus der „Customer Contact Insights“-Studienreihe beleuchtet den telefonischen Service im E-Commerce. Ein eher digitaler Markt. Hier müsste man eigentlich davon ausgehen, dass der Service ebenfalls über digitale Kanäle erfolgt. Stattdessen stellt die Erhebung das Telefon als den effizientesten Kanal beim Kundenservice im E-Commerce dar. Warum macht hier der Medienbruch plötzlich Sinn?
Fleischer: Online-Käufe und die telefonische Beratung schließen sich nicht aus, sondern ergänzen sich sogar gegenseitig. Zwar lassen sich Preise und Konditionen online schneller und unkomplizierter vergleichen, aber die Möglichkeit, direkt Fragen stellen zu können und sich beraten zu lassen, fehlt hier oftmals. Dies wiederum bietet der individuelle Service via Telefon. Durch ein kurzes – oder auch längeres – telefonisches Gespräch wird aus einem distanzierten Verkaufsvorgang ein personalisiertes Einkaufserlebnis mit menschlicher Komponente, das auch dazu führt, dass die Kundenbindung steigt. Unsere Studie zeigt, dass die Mehrzahl der Kunden die Vorteile des Online-Handels erkennt und nutzt, sich aber dabei immer die Option wünscht, telefonisch Kontakt mit dem jeweiligen Unternehmen aufnehmen zu können.

CallCenterProfi: Die Kunden lieben das Telefon aufgrund der direkten Kommunikationsmöglichkeit in Echtzeit mit den Unternehmen. Unternehmen präferieren diesen Kanal ebenfalls aufgrund des direkten, persönlichen Kontakts. Leider sind die Transaktionskosten an der telefonischen Schnittstelle – im Vergleich zu anderen – vergleichsweise hoch. Wie können E-Commerce-Anbieter diesem Dilemma entgehen?
Fleischer: In der Tat sind die Kosten für die Bereitstellung eines telefonischen Services relativ hoch. Allerdings ist es Unternehmen dennoch nicht zu raten, den Kunden die Möglichkeit zur telefonischen Kontaktaufnahme vorzuenthalten. Stattdessen sollten Online-Händler, die Kosten einsparen und die Effizienz steigern wollen, den telefonischen Service gezielt anbieten. Die Telefon-Option und der persönliche Kontakt zu einem Agent sind vor allem dort wichtig, wo sie die Conversion Rate und den Absatz fördern, Kunden mit komplexen Anfragen unterstützen sowie ärgerliche Käufer beruhigen. Für Standardanfragen – wie etwa die Abfrage des Lieferstatus einer Sendung – können durchaus automatisierte Voice-Selfservice-Lösungen zum Tragen kommen.

CallCenterProfi: Wie die „Customer Contact Insights 2016“ ausweisen, spielt Social Media im E-Commerce-Kundenservice nur eine untergeordnete Rolle. Woran liegt das aus Ihrer Sicht? Glauben Sie, dass mit den Chat-Bots oder dem Facebook Messenger for Business hier künftig höhere Volumina im E-Commerce über diesen Kanal abgewickelt werden?
Fleischer: Dass der telefonische Service der beliebteste Kontaktkanal für die Kunden ist, liegt nicht nur an der Gelegenheit, Anliegen und Fragen in Echtzeit zu klären, sondern auch an der emotionalen Interaktion, die kein anderer Verkaufs- oder Kontaktkanal in solchem Umfang bietet, wie es eben das Telefon gestattet. Zudem ist es über keinen anderen Kontaktweg so umfassend möglich, auf die Belange und Stimmungslagen des Kunden einzugehen – und das immer individuell. Die Social-Media-Plattformen werden – auch für den Kundenservice – zwar wichtiger, werden aber auch zukünftig nicht dieselbe Form der individuellen Beratung ermöglichen wie das persönliche Gespräch. Dies wissen auch die Kunden und nutzen Social Media im E-Commerce überwiegend für Rezensionen und den Austausch mit oder Fragen an andere Käufer. Deswegen werden Instant-Messaging-Beratungsmöglichkeiten – die viele Unternehmen auf Ihrer Website bereits anbieten – zwar eventuell zukünftig mehr genutzt werden, aber nicht in dem Umfang, wie die Kunden auch weiterhin zum Telefon greifen werden.

Den Beitrag zur Studie "Customer Contact Insights" finden Sie hier im Online-Archiv. Die komplette Studie steht hier zum Download bereit.

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