Servicewüste Versicherung: Wenn der Schaden zur Geduldsprobe wird

Die deutsche Versicherungsbranche steht vor massiven Herausforderungen im Kundenservice. Lange Bearbeitungszeiten, unzureichende Erreichbarkeit und fehlende persönliche Ansprechpartner sorgen für wachsenden Unmut bei Versicherten. Besonders problematisch: Die von der BaFin vorgegebene maximale Bearbeitungszeit von vier Wochen wird häufig deutlich überschritten.
Franziska Geusen, Geschäftsführerin der Hans John Versicherungsmakler GmbH, berichtet auf dem Newsportal "procontra-online" von gravierenden Problemen bei der Schadenregulierung. Rückrufe erfolgen nur zufällig, und Schadenregulierungen werden oft ohne ersichtlichen Grund abgelehnt. Diese Situation belastet nicht nur die Kunden, sondern auch die Versicherungsmakler, die als Vermittler zwischen beiden Parteien stehen. Als Reaktion auf diese Herausforderungen setzen viele Versicherer verstärkt auf zentralisierte Strukturen. Gruppenpostfächer, Call Center und Ticketsysteme sollen die Effizienz steigern, während lokale Ansprechpartner abgebaut werden.
Doch diese Maßnahmen scheinen die Probleme bisher nicht zu lösen. Die Ursachen für die Misere sind vielfältig: Fachkräftemangel, unzureichende Personalressourcen und eine unvollständige Digitalisierung belasten die Branche. Hinzu kommen Ersatzteilprobleme, besonders im KFZ-Bereich, die zu verlängerten Reparaturzeiten führen. Häufige Personalwechsel verschärfen die Situation zusätzlich.
Branchenexperten wie Nico Streker von Asspik Versicherungsmakler und Tobias Bierl von der Finanzberatung Bierl sehen in der Fokussierung auf maklerorientierte und kleinere Versicherer einen möglichen Ausweg. Auch der Einsatz von KI wird als Lösungsansatz diskutiert, befindet sich jedoch noch in der Entwicklungsphase.
Die Aufsichtsbehörde BaFin hat die Problematik erkannt und eine Aufsichtsmitteilung zur Bearbeitungszeit veröffentlicht. Julia Wiens, BaFin-Exekutivdirektorin, betont die Notwendigkeit einer zeitnahen Verbesserung des Kundenservice. Auch Branchenverbände wie der BVK unter Präsident Michael H. Heinz, der Votum-Verband mit Vorstand Martin Klein und die Vema mit Vorstand Johannes Neder setzen sich für Lösungen ein.
Einige Versicherer haben bereits reagiert und verstärken ihren Personalaufbau. Auch die Optimierung von IT-Systemen steht auf der Agenda. Große Versicherungsunternehmen wie Axa, HDI und Allianz stehen besonders im Fokus der Kritik und sind gefordert, ihre Serviceprozesse zu verbessern. Für Versicherte, die mit der Bearbeitung ihrer Anliegen unzufrieden sind, bleibt neben dem Ombudsmann als Schlichtungsstelle auch der zivilrechtliche Klageweg eine Option. Die Branche steht vor der Herausforderung, das Vertrauen der Kunden zurückzugewinnen und den Service nachhaltig zu verbessern.
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