CallCenter Profi

Fundstück: Fürsorge vs. Vorschriften

 – Alexander Jünger

Es liest sich wie eine ausgedachte Geschichte, aber einer Call Center-Angestellten in den USA wurde der Job gekündigt, weil sie einem mittellosen Mann an Heiligabend aus einer Notlage half. Hier die ganze Story.

Marc Eugenio heißt der Mann, der kurz vor Weihnachten sehnsüchtig auf den Eingang seines Gehalts vom neuen Arbeitgeber wartete. Um die Angelegenheit zu klären, rief er im Call Center der U.S. Bank in Portland an und sprach dort mit der Mitarbeiterin Emily James. Trotz eines einstündigen Telefonats konnte die Mitarbeiterin nicht weiter helfen und riet dem Mann, zu seiner Bank-Filiale nach Clackamas zu fahren und die Angelegenheit vor Ort klären zu lassen. Das tat Eugenio am nächsten Tag, am 24. Dezember 2019. Leider war der Filialleiter bereits im Weihnachtsurlaub und den noch anwesenden Mitarbeitern fehlten die erforderlichen Befugnisse, um Eugenio zu helfen. Unverrichteter Dinge und restlos pleite machte er sich wieder auf den Heimweg.

Unterwegs ging ihm der Sprit aus, aber Geld zum Tanken hatte er nicht. Hilflos und verzweifelt rief er also erneut ium Call Center an und ließ sich mit Emily James verbinden, da er sich bei ihr gut beraten gefühlt hatte. "Ich wünschte, ich hätte wenigstens 20 Dollar, um nach Hause zu kommen", zitiert eine US-amerikanische Zeitung den Unglücksraben. Und Emily James entgegnete: "Warte, warte mal." ... dann wird es skurril!

Zwischen dem Call Center-Standort in Portland und der Tankstelle in der Nähe von Clackamas liegen keine 20 Kilometer Luftlinie. Emily James sprach ihren direkten Vorgesetzten an, fragte, ob sie dem Mann privat aushelfen könne, setzte sich nach dem okay ins Auto und fuhr zu Marc Eugenio. "Ich gab ihm 20 Dollar in bar, sagte 'Frohe Weihnachten' und ging sofort wieder zur Arbeit", so Emily James gegenüber einer Zeitung. Eugenio umarmte sie zum Dank und für die gute Tat am Weihnachtsabend. Hier könnte die Geschichte zu einem guten Ende für alle Beteiligten werden ... könnte. Denn die böse Überraschung folgte an Silvester. Als Emily James ihre Schicht im Call Center antreten wollte, wartete die regionale Bereichsleiterin schon auf sie und informierte sie darüber, dass ihr wegen "unbefugter Interaktion mit einem Kunden" gekündigt werde.

Was sich unmenschlich anhört, begründete ihr Arbeitgeber mit Sicherheitsbedenken. Auf Nachfrage der "New York Post" erklärte die Bank, Emily James habe "nicht verfügbare Lösungen gewählt", sondern stattdessen "sich sowie die Bank in Gefahr gebracht". Wie James ausführte, habe auch ihr direkter Vorgesetzter, der ihr die Erlaubnis zur Hilfe, seine Anstellung verloren. Unverständnis hat hier nicht nur Marc Eugenio, der sein Gehalt inzwischen erhalten hat. Laut Zeitung kann er nicht glauben, "dass sie (Emily James) ihren Job deswegen verloren hat". Sie selbst sieht die Angelegenheit inzwischen nicht mehr so tragisch. Nachdem sie nach eigenen Angaben versucht hatte, den Job wieder zurück zu bekommen, denkt sie inzwischen, dass sie für einen Arbeitgeber, der so handelt, ohnehin nicht arbeiten wolle.

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