CallCenter Profi

Saarland

 – Steffanie Gohr

40 Call Center und 4.000 Agents, so die erstaunliche Bilanz des kleinen Saarlandes. Der Schwerpunkt der Branche liegt in Saarbrücken. Call Center genießen einen hohen Stellenwert und werden von zahlreichen Institutionen gefördert - dank der kurzen Wege schnell und unbürokratisch.

Rund zwei Drittel der Saarländer Call Center wurden in den letzten fünf Jahren neu angesiedelt. Die Bemühungen um die Ansiedlung von Call Centern sind aber schon älter. Dank verschiedener Akteure wie der landeseigenen Gesellschaft für Wirtschaftsförderung gw Saar und der IHK Saarland ist das Land heute ein international anerkannter Call Center-Standort mit europäischen und US-amerikanischen Projekten. Es positioniert sich laut IHK als Dienstleistungsstandort für Unternehmen in besonders serviceorientierten Branchen, etwa Versandhäuser mit Distributionszentren, neue Medien, Versicherungen und Telekommunikation. Im Mittelpunkt der Tätigkeiten stehen Service-Hotlines für Hard- und Software-Support (AOL Online GmbH &Co KG), klassisches In- und Outbound im Bereich Bestellannahme und Verkauf (Land`s End GmbH, Adler Vertriebs GmbH &Co Werbegeschenke KG) sowie Versicherungs- und Bankdienstleistungen (Cosmos Versicherungs AG, Sparda Telefonservice GmbH, die Deutsche Postbank AG).

"Das Saarland steht vor allem für Inhouse-Call Center, die für eigene Produkte und Dienstleistungen tätig sind, und zwar hauptsächlich im Ballungsraum Saarbrücken", erläutert Joachim Molz, Geschäftsführer der CallCenter Akademie Saarland in Saarbrücken, die im Jahr 2000 vom Berufsförderungswerk Saarland GmbH, der STSG Sparda Telefonservice GmbH und der defacto Marketing GmbH in Kooperation mit der IHK Saarland gegründet wurde. Zwar gab es laut Molz 2004 Schließungen von Call Centern wie K&P und Carrier 1 und Carrier24, außerdem gaben debitel und die Deutsche Bahn ihre Call Center auf. Rund 300 Arbeitsplätze gingen verloren. Doch dieser Verlust wurde durch den verstärkten Personalbedarf bei AOL und CosmosDirekt AG in Saarbrücken ausgeglichen, so Molz.

Vom Kohleland zum Dienstleistungsstandort

Heute ist das Saarland ein Dienstleistungsstandort mit guter Infrastruktur. Doch bis in die 60er Jahre hinein bestimmte die Schwerindustrie (Kohle, Eisen, Stahl) das Schicksal des Saarlandes. Der Dienstleistungssektor entwickelte sich nur zögerlich und erblühte erst, nachdem die Montanwirtschaft an Gewicht verlor. Nun entstanden mittelständisch geprägte Dienstleistungsunternehmen in den Bereichen Zeitarbeit, IT, Tourismus und Pharma. Peter Jochum, Projektmanager Marketing und Vertrieb bei Sparda Telefonservice in St. Ingbert, bestätigt: "Das Saarland war ein Kohleland. Als die Kohle-Subventionen wegfielen setzte man die Hoffnung auf die Ansiedlung von Dienstleistungsunternehmen. Die Call Center-Branche ist im Saarland von Anfang an stark gefördert worden und hat sich in den letzten zehn Jahren rasant entwickelt."

Da das Saarland Deutschlands kleinster Flächenstaat ist, profitiert die Branche von unbürokratischen und kurzen Wegen: Im Saarland fehlen Regierungsbezirke, wie sie in allen anderen deutschen Flächenstaaten zu finden sind. Die Verwaltungswege für Investoren sind somit kürzer und Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung können direkt angesprochen werden. Hinzu kommt die gut ausgebaute Infrastruktur. Das saarländische Autobahnnetz ist im Vergleich zur Einwohnerzahl das dichteste in Deutschland, die Bahnfährt die Strecke Saarbrücken - Paris täglich in 110 Minuten und die Flughäfen Saarbrücken, Zweibrücken, Hahn, Metz, Straßburg und Luxemburg sorgen für internationale Anbindung.

Dieter Conzelmann, Projektleiter bei der gwSaar, fasst zusammen: "Das Saarland liegt zentral in Europa, hat gute wirtschaftliche Kontakte zu seinen Nachbarn, hervorragende Verkehrsanbindungen, günstige Gewerbe- und Industriegrundstücke sowie Immobilien und niedrige Arbeitskosten, die im Schnitt zehn bis 20 Prozent unter Bundesdurchschnitt liegen. Außerdem hat das Land in den letzten Jahren europäische Kompetenz aufgebaut - ein wichtiger Wirtschaftsfaktor bei Standortentscheidungen." Auch an Arbeitskräften herrscht laut Conzelmann kein Mangel. Von den rund 464.000 Arbeitskräften im Saarland seien 51.500 auf der Suche nach Arbeit: "Im Vergleich zu anderen Industriezentren stellt sich die Situation günstig dar, denn bedingt durch die strukturelle Arbeitslosigkeit - die Bereiche Kohle und Stahl befinden sich seit Jahren in einem Anpassungsprozess - verfügt das Saarland über erfahrene und gut ausgebildete Arbeitsuchende mit der Bereitschaft zu Schichtarbeit. Hinzu kommen französische Grenzgänger."

Kooperation und kurze Wege

Für eine positive Branchenentwicklung sorgen Wirtschaftsförderungsmaßnahmen der regionalen Wirtschaftsförderung, der saarländischen Landesregierung, der Bundesregierung und der Europäische Union. Und nicht zuletzt zahlreiche saarländische Branchen-Institutionen: Seit 2001 gibt es zum Beispiel einen IHK-Erfahrungskreis (Erfah-Kreis) CallCenter. Bei Bedarf treffen sich die Verantwortlichen der saarländischen Call Center in diesem Erfah-Kreis unter Regie der IHK zum Erfahrungsaustausch - zu bestimmten Themen werden auch Arbeitsgruppen eingerichtet. Außerdem lädt der saarländische Wirtschaftsminister Dr. Hanspeter Georgi in regelmäßigen Abständen Branchen-Verantwortliche zum "Branchengespräch" ins Wirtschaftsministerium. Für die Qualifizierung der Call Center-Mitarbeiter machen sich die IHK Saarland und die CallCenter Akademie Saarland gemeinsam stark. Sie entwickeln und vermarkten bundesweit praxisorientierte Qualifizierungsangebote wie die Zertifikatsseminare Kundenberater, Kommunikationscoach und CallCenter Trainer, außerdem Call Center Agent, Call Center Teamleiter sowie die IHK-Fortbildungsprüfung zum Call Center Fachwirt IHK. Über 1.000 Call Center-Mitarbeiter aus dem gesamten Bundesgebiet wurden bisher IHK Saarland-zertifiziert. Branchen-Highlights der CallCenter Akademie Saarland sind die Call Center Bildungskonferenz im Mai/Juni jeden Jahres sowie das Teamleiterforum im September.

Über die CallCenter Akademie Saarland können ansiedlungswillige Unternehmen auch auf ein eingespieltes Netzwerk zurückgreifen, zu dem die gwSaar Gesellschaft für Wirtschaftsförderung, die IHK, die Arbeitsverwaltungen des Saarlandes und Frankreichs sowie das Chambre de commerce in Frankreich und Luxemburg zählen. Die Unternehmen rufen nach Bedarf einzelne Bausteine wie Unterstützung bei Immobiliensuche, Personalauswahl und Mitarbeiterqualifizierung ab oder holen sich Unterstützung beim Komplettaufbau von Call Centern. "Aufgrund der kurzen Wege und der guten Zusammenarbeit der Institutionen im Saarland, kann die Zeitdauer von den ersten Ansiedlungsverhandlungen bis zum Start des Call Centers stark verkürzt werden", sagt Call Center-Experte Dieter Conzelmann von der gwSaar.

Positive Entwicklung

"Das Saarland hat sich gegen den Bundestrend trotz der allgemeinen Konsolidierung der letzten Jahre im Call Center-Markt auf seinem relativ hohen Niveau von 4.000 Call Center-Mitarbeitern behaupten können", sagt Dieter Conzelmann von der gwSaar. "Verluste einzelner Firmen wurden durch Zuwächse anderer Firmen ausgeglichen. Neben den harten Fakten des relativ günstigen Lohnniveaus und des Preisniveaus bei Gewerbeimmobilien und der berühmten kurzen Wege sind der leichte Zugriff auf französische Muttersprachler und die Unterstützung bei der Personalgewinnung durch verschiedene Institutionen wichtige Pluspunkte." Damit hat sich das Saarland als Call Center-Markt zweifellos positioniert und geht gut gerüstet in die Zukunft.

Interview mit Michael Schneider,

Geschäftsführer United Calls Gesellschaft für Telemarketing mbH, Saarlouis.

CallCenterProfi: Warum hat sich United Calls Gesellschaft für Telemarketing für den Standort Saarlouis entschieden?

Michael Schneider: Die Standortfrage lässt sich leicht beantworten. Wir sind entstanden aus der Vertriebsakademie mit Sitz in Saarlouis und waren vor zehn Jahren das erste Call Center hier. Somit hatten wir die Chance, Arbeitskräfte aus der Nähe zu rekrutieren. Das ist vor allem bei Halbtagskräften oftmals entscheidend.

CallCenterProfi: Wo liegen die Schwerpunkte von United Calls?

Michael Schneider: Wir halten hier zwölf Arbeitsplätze täglich von 8 bis 20 Uhr vor. Unsere Stärke liegt in der Vertriebsunterstützung. Allerdings betreiben wir mittlerweile auch gut zehn Hotlines für unsere Kunden aus Wirtschaft, Industrie und Verwaltung.

CallCenterProfi: Welchen Stellenwert hat die Branche im Saarland?

Michael Schneider: Das Saarland ist historisch gesehen, ein Bundesland mit einer starken Montanindustrie. Gerade bei unseren Hüttenwerken und Bergbauunternehmen wurden viele Stellen abgebaut und Arbeitskräfte freigesetzt. Die dadurch entstandene hohe Arbeitslosenquote erforderte eine Industrie mit starkem Personalbedarf. Daher hat die Call Center-Branche einen hohen Stellenwert.

CallCenterProfi: Wo sehen Sie weitere Vorteile?

Michael Schneider: Viele Menschen sind hier noch zweisprachig und der Eintritt in den benachbarten Markt Frankreich birgt große Chancen. Der Vorteil des Saarlandes liegt meiner Meinung nach in der frankophilen Mentalität seiner Bewohner. Aufgeschlossenheit, Gastfreundschaft und Savoir Vivre werden uns praktisch in die Wiege gelegt. Aber auch die Lohnkosten liegen im Vergleich mit den alten Bundesländern noch im unteren Drittel, und es gibt eine Reihe von Institutionen, die die Branche unterstützen, wie die CallCenter Akademie und die Wirschaftsförderung, die für Ausbildungsbeihilfe, Existenzgründerförderung und Weiterbildungsförderung steht.

Statement von Peter Jochum,

Projektmanager Marketing und Vertrieb bei der Sparda TelefonService GmbH &Co. KG, St. Ingbert

"Die Sparda TelefonService GmbH &Co. KG startete 1997 als reines Service-Center. Der Schwerpunkt lag auf der Inbound-Telefonie für die Sparda-Banken-Gruppe. In den letzten Jahren haben wir unser Leistungsportfolio gemäß dem Branchentrend erweitert und bieten nun für Banken aus der Gruppe und Unternehmen der freien Wirtschaft auch Outbound-Leistungen wie Kundenbindung und -rückgewinnung, Terminvereinbarungen und Kundenbefragungen an. Der Outbound-Anteil liegt derzeit bei etwa 40 Prozent, Tendenz steigend. Im Inbound liegen die Schwerpunkte auf Beratung und Support sowie Cross- und Upselling. Diese Aufgaben erledigen wir mit derzeit 220 Mitarbeitern. Seit 2006 bieten wir unsere Leistungen bundesweit auch Drittunternehmen an, wobei wir uns auf die seriöse und eher softe Kundenkommunikation konzentrieren. Dabei sind wir für Auftraggeber aus verschiedenen Branchen tätig und auch für Unternehmen, die Kapazitäten outsourcen oder einzelne Leistungen im integrierten Marketing ausgliedern möchten, etwa Faxbearbeitung.

Das Saarland ist ein kleines Bundesland. Das birgt Vor- und Nachteile. Einerseits sind die Wege kurz und wir haben eine leistungsstarke Infrastruktur, niedrige Immobilien- und Lohnkosten. Die Nähe zu Frankreich und Luxemburg erlaubt die Rekrutierung von Native Speakern. Andererseits ist auch das Mitarbeiterpotenzial begrenzt. Große Unternehmen im Bereich Kundendialog sind im Saarland beheimatet und teilen den Markt unter sich auf. Qualifizierte Agents zu finden ist deshalb nicht leicht, zumal wir Wert legen auf eine hohe Mitarbeiterqualifikation - unsere Mitarbeiter sind überwiegend IHK-zertifiziert. Die Vorteile überwiegen aber. Damals siedelte sich Sparda Telefonservice in St. Ingbert an, weil der Bauplatz günstig zu erwerben war und die Regierung Call Center förderte. Bis heute haben wir gute Kontakte zum Wirtschaftsministerium und der IHK und sind Gründungsmitglied der CallCenter Akademie. Der überschaubare Markt erlaubt, viele Aktivitäten innerhalb der Branche umzusetzen. Künftig werden wir unser Outbound-Geschäft weiter ausbauen und festigen und uns am freien Markt weiter öffnen. Unser neuer Claim für diese Strategie lautet >Wir erledigen das<. Wir, das sind vor allem unsere Mitarbeiter. Unser zehnjähriges Jubiläum im Oktober 2007 haben wir deshalb groß gefeiert - als Dankeschön für unsere Mitarbeiter!"

Call Center im Saarland

Call Center-Dienstleister:

[ul][/li][/li]

[li]arvato direct services Eiweiler GmbH (Bertelsmann) in Eiweiler[/li][/li][/li]

[li]defacto marketing GmbH und [/li][/li][/li]

[li]Saarbrücker Media Verkausfgesellschaft mbH in Saarbrücken[/li][/li][/li]

[li]United Calls Gesellschaft für Telemarketing mbH in Saarlouis[/li][/ul]Inhouse-Call Center:

[ul][/li][/li]

[li]Cosmos Versicherungs AG[/li][/li][/li]

[li]UKW Sender[/li][/li][/li]

[li]die Deutsche Postbank AG[/li][/li][/li]

[li]die PLUSCARD Service-Gesellschaft für Kreditkarten-Processing mbH[/li][/li][/li]

[li]Adler Vertriebs GmbH &Co [/li][/li][/li]

[li]Werbegeschenke KG[/li][/li][/li]

[li]AOL Online GmbH &Co KG[/li][/li][/li]

[li]ZWF digitale Informationstechnologie GmbH[/li][/li][/li]

[li]S-A-R Agentur und Wirtschaftswerbung Gmbh &Co, alle in Saarbrücken.[/li][/li][/li]

[li]Lands End GmbH in Mettlach[/li][/li][/li]

[li]Sparda Telefonservice GmbH in St. Ingbert[/li][/li][/li]

[li]J+L Werkzeuge und Industriebedarf GmbH, in Neunkirchen, Saar[/li][/li][/li]

[li]Call Center des Bundesamtes für Finanzen in Saarlouis[/li][/ul]

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