CallCenter Profi

Rheinland-Pfalz

 – Simone Fojut

Rheinland-Pfalz zählt 44 Call Center und rund 3.000 Agents. Ansiedlungsschwerpunkt ist Neuwied. Da große Call Center rar sind hält sich die Konkurrenz in Grenzen, Personal ist leicht zu finden. Geschenkt bekommen Call Center hier allerdings nichts - Eigeninitiative ist gefragt.

"Call- und Communication Center sind in Rheinland-Pfalz höchst willkommen. Das Bundesland bietet durch seine zentrale Lage in Europa mit den Nachbarn Frankreich, Belgien und Luxemburg hervorragende Standortbedingungen und verfügt über ein großes Potenzial qualifizierter und hoch motivierter Arbeitskräfte", sagt Kai Krischnak, Pressereferent beim Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Rheinland-Pfalz. Er ergänzt: "Grenznah sind französische Sprachkenntnisse selbstverständlich, so dass fast alle Call Center in Rheinland-Pfalz auch Dienstleistungen in französischer Sprache erbringen." Communication Center werden laut Krischnak vorrangig in folgenden Bereichen eingesetzt: Inbound- und Outbound, Bestellungen, Beratung, Auftrags- und Zahlungsabwicklung, Reklamations- und Beschwerdemanagement, Adressqualifizierung, Info-Hotlines, Mailing-Response, Verkauf, technische Beratungs-Hotlines, Travel- und Transportreservierungen sowie Finanzdienstleistungen. Große Call Center sind jedoch rar gesät, die Branche ist geprägt durch kleinere Call Center Betreiber und Inhouse Call Center.

Förderung ja, Geschenke nein

Da die Ansiedlung neuer oder die Erweiterung bestehender Call Center auch wirtschaftlich benachteiligten Regionen zu Gute kommt, so Krischnak, stellt das Land für Call Center-Projekte Förderprogramme bereit: Etwa das "Förderprogramm der Gemeinschaftsaufgabe" und die "Förderung zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" mit Förderungen von bis zu 15 Prozent der Investitionskosten. Außerhalb der Fördergebiete können mittelständische Unternehmen im Rahmen des Mittelstandsförderungsprogramms zinsgünstige Darlehen zur Finanzierung von Investitionen erhalten. Ansprechpartner als zentrales Wirtschaftsförderungsinstitut des Landes ist die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB), die kostenlose Standortberatung und -bewertung durchführt, geeignete Gewerbeimmobilien vermittelt und Kontakte zu Unternehmen der Immobilienwirtschaft anbahnt.

Marc Östreicher, Standortleiter und Assistent der Geschäftsführung beim Dienstleister SympaTel Telemarketing GmbH in Pirmasens, schränkt jedoch ein: "In Rheinland-Pfalz gibt es zwar günstige Darlehen über die Investitions- und Strukturbank, Subventionen bekommen ansiedlungswillige Call Center Betreiber – anders als in Ostdeutschland - allerdings nicht." Eigeninitiative sei daher gefragt. Zumal es in Rheinland-Pfalz keine unterstützenden Institutionen für die Branche und keine Lobby-Arbeit gebe (siehe Statement weiter unten).

Call Center-Initiativen eingestellt

Bis vor einigen Jahren gab es in Rheinland-Pfalz zwar die so genannte Communication Center Initiative Rheinland-Pfalz, vom Land gemeinsam mit der Universität Koblenz ins Leben gerufen, um Ansiedlungsstrategien zu entwickeln, neue Arbeitsplätze zu schaffen, Arbeitnehmer zu qualifizieren und den Standort zu stärken. Inzwischen wurde das Projekt jedoch eingestellt, so der damalige Projektverantwortliche Professor Dr. J. Felix Hampe von der Universität Koblenz. Das Land habe keine Kapazitäten bereitgestellt, um die Plattform weiter zu betreiben. Auch die Call Center Akademie Rheinland-Pfalz, die 2003 an den Start ging, wurde zwischenzeitlich mangels Zeit und Geld eingestellt. Das Unternehmen bekam den Zusatz Call &Communication Center und widmet sich heute reinen Vertriebsthemen. So steht die Branche in Rheinland-Pfalz heute ohne zentralen Weiterbilder und ohne Lobby da. Aus- und Weiterbildung erfolgen in Eigenregie oder bei den Auftraggebern.

Einfache Personalrekrutierung

Personal zu finden ist in Rheinland-Pfalz problemlos, bestätigen ansässige Call Center-Betreiber. Daran ist die hohe Arbeitslosigkeit von 14 Prozent sicher nicht unbeteiligt. Susanne Brand, Leiterin Service-Center bei der rz-Service-Center Koblenz GmbH, dem Service-Center der Rhein-Zeitung, sagt: "Vorteilhaft ist sicher, dass es keine anderen größeren Call Center in der Nähe gibt. Der Arbeitsmarkt bietet gut ausgebildete Kräfte und es gibt wenig Firmen im Umland, daher ist es recht einfach, qualifizierte Mitarbeiter zu finden und an das Unternehmen zu binden." Dank der Universitäten und Fachhochschulen könnten neben fest angestellten Mitarbeitern auch studentische Aushilfskräfte für Spitzen beschäftigt werden. Das rz-Service-Center erbringt hauptsächlich Dienstleistungen für den Verlag, die derzeit 80 Mitarbeiter kümmern sich um die private und gewerbliche Anzeigenaufnahme, betreuen rund 200.000 Abonnenten, pflegen Stammdaten, betreuen die Inhaber der Kundenbindungskarte RZ-Card, mit der Boni bei Marktpartnern gesammelt werden können, und führen im Outbound Neukundenakquise, Verkauf und Zufriedenheitsbefragungen durch. Daneben erbringen die Agents Dienstleistungen für Drittanbieter aus anderen Branchen: Betreuung der Inbound Hotlines für einen Reiseveranstalter, eine Help Desk Hotline für einen Software-Anbieter und Telemarketingprojekte für Krankenkassen, IHKs und Softwarehäuser gehören dazu. Der Standort Koblenz ergab sich aus der Nähe zum Mittelrhein-Verlag, Herausgeber der Rhein-Zeitung. Doch Brand sieht auch Nachteile der kleinstädtischen Lage: "Für die Akquise von Aufträgen wäre es sicher besser, in einem Ballungsgebiet ansässig zu sein, da auch heute noch trotz sämtlicher technischen Möglichkeiten die räumliche Nähe zum Auftraggeber als Vorteil empfunden wird."

Standort-Statement von Markus Müller,

Leiter Call Center bei der debitel AG, Kaiserslautern.

"Im Vorfeld der Ansiedlung von debitel in Kaiserslautern im Jahr 2000/2001 hat die Wirtschaftsförderung Kaiserslautern (WfK) durch ihr großes Engagement im Vergleich zu den alternativen Standorten sehr stark zur Entscheidung für den Call Center Standort in Kaiserslautern beigetragen. Die wichtigsten Punkte für die Entscheidung waren: Ein großes Potenzial von Arbeitskräften, aus dem Mitarbeiter für eine Tätigkeit im Call Center rekrutiert werden können. Die Existenz von Qualifizierungseinrichtungen für Call-Center-Mitarbeiter und Förderung der notwendigen Qualifizierungsmaßnahmen für einzustellende Mitarbeiter vom Arbeitsamt Kaiserslautern. Außerdem eine maximale Förderung von 18 Prozent für alle Investitionen, niedrige Arbeitskosten und günstige Immobilienpreise. Wir sind sehr zufrieden mit der Wahl dieses Standortes, da hier sehr produktiv und mit hohem Engagement gearbeitet wird. Wir beschäftigen derzeit insgesamt 75 Mitarbeiter, die alle Vertriebskanäle der debitel AG betreuen, Premiumservice für Platin- und Businesskunden sowie 2nd/3rd Level Support bei Technikfragen von Händlern und Kunden bieten.

Rheinland-Pfalz hat sehr gute strukturelle Rahmenbedingungen, motiviertes Personal, eine kooperative Wirtschaftsförderung und ein attraktives Freizeitangebot. Mit entsprechender Anzeigenwerbung gehen sehr viele Bewerbungen bei uns ein. Da unsere Mitarbeiter komplexe Vorgänge abschließend betreuen müssen, sind die Anforderungen an potenzielle neue KollegInnen sehr hoch. Hier legen wir insbesondere großen Wert auf eine kaufmännische Ausbildung und umfangreiche Erfahrungen im direkten/telefonischen Kundenkontakt. Durch die hohe Bewerberzahl und ein eigens für die Mitarbeiterrekrutierung entwickeltes Asessment Center, konnten wir das erforderliche Personal bisher schnell rekrutieren. Die Aus- und Weiterbildung erfolgt sowohl durch ein Inhouse Trainerteam, als auch durch externe Trainer die insbesondere die kommunikativen Fähigkeiten vermitteln. Zudem gibt es innerhalb des Call Centers Coaches/ Multiplikatoren, die das fachliche Know-how der Mitarbeiter gezielt weiterentwickeln."

Standort-Statement von Marc Oestreicher,

Standortleiter und Assistent der Geschäftsführung bei SympaTel Telemarketing GmbH, Pirmasens.

"Wir haben uns 1992 für den Standort Pirmasens entschieden, um von dort aus Serviceleistungen für das Versandhaus Klingel zu erbringen. Hätten wir in Pirmasens keine Ausnahmegenehmigung für einen 24/7- Betrieb bekommen, wären wir auf eine französische Stadt in Grenznähe ausgewichen. SympaTel beschäftigt im Service Center rund 385 Agenten, die in erster Linie Kunden aus dem Versandhandel betreuen wie die Klingel Gruppe, das Großversandhaus Bader, Yves Rocher, Lands` End oder den Vector Versand, für den wir die Direct Response TV-Hotline managen. Unser Schwerpunkt (95 Prozent) liegt auf Inbound, von Beratung und Kundendienst über Kontostandsabfragen bis hin zu Lieferreklamationen, Abholungen und Gutschriften. Durch unsere Versandhandelsaffinität haben wir uns vor allem im Bereich Cross- und Up-Selling etabliert, denn Zusatzverkäufe sind im Versandhandel ein wichtiger Aspekt. Rund 96 Prozent der Gespräche bearbeiten wir im First Solution Level fallabschließend. Da sind permanente Schulungen natürlich ein Muss. Yves Rocher schickt uns zum Beispiel regelmäßig Mitarbeiter für Produktschulungen. Ansonsten setzt SympaTel auf Aus- und Weiterbildung in Eigenregie.

Eigeninitiative zählt

Kooperationen bestehen mit den Call Center Agenturen BKP Marketing in Zweibrücken und TimeFrame in Kaiserslautern. Wir unterstützen uns gegenseitig auf dem Gebiet der Aus- und Weiterbildung. Im Rahmen unserer Ausbildungsinitiative bilden wir junge Leute zu Bürofachkräften und Servicekräften für Dialogmarketing aus und bieten wechselseitig Praktika und betriebliche Weiterbildung. Wir holen uns für unsere Auszubildenden zum Beispiel Coaches und Trainer von unseren Partnern ins Haus. Unser Partner managen auch unsere Überläufe im Outbound.

Infrastruktur und Förderung mangelhaft

Personal zu finden ist in Pirmasens angesichts einer Arbeitslosenquote von etwa 14 Prozent relativ leicht. Außerdem ist die Konkurrenz gering, da es nicht viele große Call Center in Rheinland-Pfalz gibt. Die Mietkosten sind ebenfalls niedrig und angemessene Räumlichkeiten leicht zu finden. Da wir auch am Wochenende arbeiten sind unsere Lohnkosten allerdings nicht niedriger als in anderen Bundesländern. Echte Nachteile sehe ich in der Infrastruktur des Landes. Die Verkehrsanbindungen sind bescheiden. Pirmasens hat einen Sackbahnhof und der nächste Flughafen ist Saarbrücken, der zum Anfliegen so teuer ist, dass die Wahl meist auf Frankfurt fällt. Ein weiterer Nachteil: Subventionen sind Mangelware. Nach der Wende flossen Subventionsgelder in den Osten und wurden in Form niedriger Preise an die Kunden weiter gegeben. Dadurch entstand eine ungesunde Konkurrenz zwischen westlichen und östlichen Bundesländern. In Rheinland-Pfalz gibt es zwar günstige Darlehen über die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB Bank), geschenkt bekommen ansiedlungswillige Call Center-Betreiber allerdings nichts. Es gibt auch keine Lobby-Arbeit für die Branche.

Fokus liegt auf Personal und Weiterbildung

SympaTel bleibt dem Standort Pirmasens weiter treu, da wir hier gut etabliert sind und viele Kunden vor Ort betreuen. Unser Fokus liegt auch künftig auf der Personalentwicklung. Wir haben im Gebäude 300 Quadratmeter zusätzliche Räume angemietet, um Platz für Unterricht und praktische Übungen in den Bereichen Gesprächsführung, Produkte und Programme zu haben. Im Jahr 2006 hatten wir 19 Auszubildende, 2007 bereits 32. Nur durch die Ausbildung im eigenen Haus können wir den steigenden Ansprüchen an die Agenten gerecht werden. Eine Telefonanlage kann man kurzfristig ersetzen - gut geschultes Personal nicht!"

Call Center in Rheinland-Pfalz

Call Center-Dienstleister:

[ul]

[li]SympaTel Telemarketing GmbH, Pirmasens[/li]

[li]twenty4help, Zweibrücken[/li]

[li]BKP Marketing KG in Zweibrücken[/li]

[li]rz-Service-Center Koblenz GmbH[/li]

[li]Konzept Marketing Service GmbH, Neuwied[/li]

[li]Time Frame AG Kaiserslautern[/li]

[li]MediaServiceCenter RM Mainz[/li][/ul]

Inhouse-Call Center:

[ul]

[li]Flughafen Hahn mit Cargo Future Communications GmbH[/li]

[li]Alfa Metalcraft Corporation Handelsgesellschaft mbH in Bingen[/li]

[li]debitel AG Call Center in Kaiserslautern[/li][/ul]

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