CallCenter Profi

Kunden mit neuen Ideen ködern

 – Steffanie Gohr

In der Titelgeschichte der aktuellen Ausgabe des CallCenterProfi dreht sich diesmal alles um Querdenken im Business.

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Lesen Sie hier das vollständige Interview mit Roman Retzbach, Futurologe vom Future-Institute, über neue Technologien im Kundendialog, Querdenken, Betriebsblindheit und Mankos im Call Center-Alltag.

Das international tätige Future Institute mit Deutschlandsitz in Berlin beschäftigt sich mit wirtschaftlichen Zukunftsszenarien. 1920 gegründet ist es heute weltweit führend in der Zukunfts- und Trendforschung. Seit 2000 bildet die "Trendscout-Academy &Future-University" die Talente von morgen in Studiengängen zu Trendscouts und Futuristen heran. Das Future Institut hat gerade den Trendreport 2007 auf den Markt gebracht. Die Studie zeigt Trends in Vertrieb und Marketing auf und gibt Unternehmen Checklisten an die Hand, mit deren Hilfe sie überprüfen können, welche Trends für ihr Unternehmen geeignet sind und inwieweit diese schon umgesetzt wurden. Die Liste ist aufgeteilt nach Ländern, Zielgruppen, Branchen und weiteren Faktoren.

[/img]CallCenterProfi sprach mit Roman Retzbach (Foto links). Seit über 15 Jahren ist er Zukunftsforscher und Trendexperte und heute der Wissenschafts- und Forschungs-Direktor des Future-Institute auf internationaler Ebene. Retzbach zählt zu den bedeutendsten Futurologen und Futuristen der Welt und kann Veröffentlichungen in über 30 Fachbüchern und internationalen Lexika und Reports vorweisen, außerdem ist er Referent auf internationalen Messen, Kongressen und Veranstaltungen.

CallCenterProfi: Reichen die heutigen Marketing- und Vertriebstrategien noch aus, um Kunden auch künftig zu begeistern?

Retzbach: Nein. Es werden selbst über RFID (Radio Frequency Identification)- und GPS (Global Positioning System)-Chips zu wenige wichtige Kundendaten erfasst, um individuell beraten zu können. Produktangebote wie Werbung gehen bisher zu wenig auf persönliche Kundenwünsche ein, sind kaum maßgeschneidert und oft nicht verfügbar wie veränderbar im Sinne des Ego-Customization. Das heißt, das individuelle Produkt als "Maßware zum Massenpreis" ist in der Realität bislang nur in Prototypen umgesetzt worden. Andere Konzepte wie das Future-Store in Düsseldorf/Rheinberg sind noch zu fehlerbehaftet. Der Kunde fühlt sich kontrolliert und beobachtet. (Die gesamte Kommunikation mit dem Kunden im Markt wird im Future Store über Computer-Chips gesteuert: Info-Terminals, elektronische Preisschilder und Werbedisplays informieren und beraten, der Kunde wird auf Basis der über ihn gespeicherten Informationen erkannt und erhält Produktvorschläge)

CallCenterProfi: Was sollten Marketing und Vertrieb anders machen?

Retzbach: Technologische Neuerungen wie der Einsatz künstlich-intelligenter Software-Agenten (KI) sind hilfreich und für Kunden oft angenehmer, da sie in der Regel schneller antworten und sich kompetent bei FAQ-Themen zeigen wie auch bei komplexen Fachfragen. Nur bei völlig neuen Fragen wird es schwierig, hier ist die Schnittstelle zum realen Menschen-Betreuer nötig. Es gibt jedoch noch kein Beispiel eines längerfristig optimalen Systems, das die Schnittstelle zwischen Computer und Fachkraft zum richtigen Zeitpunkt verwendet, also den Mitarbeiter einbezieht, sobald er frei ist oder der künstliche Agent nicht weiter kommt. Meist muss man dem Mitarbeiter dann die gesamte Situation von vorne schildern. Die Unternehmen versuchen die Kombination zwar, doch die Datenübergabe beispielsweise von Alice, 1&1, Strato, Vodafone, VISA bis Deutsche Bank ist als unzureichend zu bezeichnen. Es gibt also innovative technische Lösungen aus der ITK-Branche und angenehme fachfreundliche Kundencenter mit Mitarbeitern, etwa im Bereich Lifestyle, Versandhandel oder Kosmetik. Aber kein einziges optimales Mensch-KI-Center und nur wenige Beispiele dafür in Japan, Israel und Indien.

CallCenterProfi: Welche neuen Strategien eignen sich schon heute für die Anwendung im Call Center?

Retzbach: Im Alltag fehlt eine bessere Zeitplanung und so sind viele sehr freundliche Mitarbeiter mit der Zeit einfach überreizt. Künstliche Intelligenz kann helfen. Der Mensch soll ja nicht ersetzt, sondern unterstützt werden, wo es um Routinen geht wie Preise, Services und den Bestellstatus abzufragen. Künstliche Agenten können etwa schneller Informationen aus Datenbanken herausfiltern als Menschen. Außerdem kann künstliche Intelligenz an der Kundenstimme Emotionen erkennen, etwa Ärger, und mit passender Hintergrundmusik oder mit Lieblingsmelodien des Kunden reagieren. Je mehr Routine den Mitarbeitern abgenommen wird desto mehr Zeit haben sie, sich den Kunden intensiver zu widmen. Bearbeitungsfehler werden minimiert, da der KI-Agent die Mitarbeiter unterstützen und auf Fehler hinweisen kann. KI kann auch bei der permanenten Schulung und Weiterentwicklung der Mitarbeiter helfen. Im Call Center sollte außerdem mehr auf kulturspezifisches Training gesetzt werden. Denn Trends sind zu 90 Prozent kulturabhängig! Das wird bei der Begrüßung, Beratung, Hilfe und bei (Preis)Verhandlungen bisher kaum berücksichtigt und umgesetzt.

CallCenterProfi: Welche Rolle spielt Querdenken jetzt und künftig?

Retzbach: Innovatives wie intuitives Querdenken ist in der Dienstleistungs- und Wissensindustrie der nächsten zehn Jahre am wichtigsten, wird jedoch von den Unternehmen unterschätzt. Zu konform und damit zu wenig wettbewerbsunterscheidend sind heute neue Ideen, Konzepte und Modelle. In der globalen 24-Stunden-Konsumwelt mit immer ähnlicheren Produktqualitäten, wo Mitbewerber innerhalb kürzester Zeit neue Trends mitmachen und technologisch umsetzen können, sind ständige interdisziplinäre Kreativteams täglich und kurzfristig nötig.

CallCenterProfi: Wie etabliert ein Unternehmen eine innovative Kultur?

Retzbach: Durch den Aufbau und Einsatz von Trendscouts im Unternehmen, um Trends zentral zu bündeln unabhängig von den jeweils aktiven Abteilungen Unternehmenskommunikation, Strategische Unternehmensplanung, Marketing und Werbung. Auch der Zugriff auf Trendscout-Netzwerke ist sinnvoll, um sich weniger betriebsblind auf breiter Ebene zu informieren (etwa ). Unternehmen sind intern oft weniger kreativ und innovativ als sie nach außen demonstrieren. Vielfach fehlen Freiräume und qualifizierte Mitarbeiter. Letztere sollten sich kontinuierlich weiterbilden und auch jährliche Leistungstests durchlaufen.

CallCenterProfi: Wie gewinnen Trendscouts neue Ideen? Welche Methoden wendet das Future Institute an?

Retzbach: Wir entwickeln zuerst das best-case-Zukunftsszenario und suchen dann über unsere Trendscouts Beispiele auf der Welt, die diesem Trend nahe kommen. Ideengeber sind zum Beispiel Medien und Expertenbefragungen. Weltweite Medienanalysen spielen eine große Rolle. Science Fiction-Filme wie Minority Report von Steven Spielberg zeigen beispielhaft unsere künftige Konsumwelt auf und beleuchten gleichermaßen Probleme und die Zukunftswünsche der Konsumenten nach mehr Bequemlichkeit, persönlicher Ansprache und individuellen Produktangeboten. Aus vielen Medieninformationen filtert ein Expertengremium aus Künstlicher Intelligenz und Menschen die relevanten Ideen heraus.

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