CallCenter Profi

Hessen

 – Steffanie Gohr

In Hessen siedeln sich die Call Center vorrangig an zwei Standorten an: In der Bankenmetropole Frankfurt und im ebenfalls verkehrsgünstig gelegenen Kassel. Während Frankfurt mit seiner Wirtschaftsmacht als Premium-Standort punktet wartet Kassel mit moderaten Lohn- und Gewerbekosten auf.

Hessens 200 Call Center mit ihren rund 30.000 Agents erwirtschafteten 2005 über 33 Millionen Euro - ein starker Wirtschaftsfaktor in einer Region, die von Banken und Versicherungen geprägt ist. Dabei sitzen 25 Prozent der hessischen Call Center im Rhein Main Gebiet, vor allem in Frankfurt. Hier werden vorrangig Dienste für Banken und Versicherungen angeboten oder in Inhouse-Call Centern geleistet. In Kassel sind Call Center eher für andere Bereiche tätig, etwa für Teleshopping-Sender, den Versandhandel - und natürlich für Lufthansa.

Telekommunikationshauptstadt Frankfurt

Das Rhein-Main-Gebiet ist ein Premium-Standort was Freizeitwert und Wirtschaft angeht. Frankfurt liegt im Schnittpunkt der wichtigsten Verkehrsachsen mitten in Europa und ist per Autobahn, ICE und Flughafen optimal angebunden. Wichtig für ansiedlungswillige Call Center: Über eine Million Quadratmeter Gewerbe-Immobilien stehen leer. Und zahlreiche Großbanken, Versicherungen und nationale und internationale Headquarter sorgen für Aufträge in der Kundenbetreuung. Außerdem gilt Frankfurt als Telekommunikationshauptstadt Deutschlands: Elf unabhängige Betreiber von Glasfasernetzen sind vor Ort aktiv, 90 Prozent des deutschen Internet-Verkehrs laufen über Frankfurt. Das bedeutet für Call Center eine verlässliche Telekommunikations-Infrastruktur, eine hohe Netzstabilität und effizienten Support durch qualifizierte TK-Dienstleister.

Doch nicht die Technik entscheidet über den Erfolg eines Call Centers, sondern das Personal. Auch da spielt Frankfurt in der oberen Liga, denn allein in Frankfurt leben 5,3 Millionen Einwohner und im 200 Kilometer-Radius 35 Millionen Menschen. So ist eine große Auswahl an potenziellen Mitarbeitern garantiert, zumal es zehn Hochschulen mit 177.400 Studenten und 20 Fachhochschulen mit 72.000 Studenten gibt. Da Frankfurt traditionell ein bedeutsamer Handelsstandort ist herrscht auch an verkaufsgeschulten Agents kein Mangel. Da in der Region Inhouse-Call Center überwiegen liegt das Qualifikationsniveau der Mitarbeiter Experten zufolge über und die Fluktuation mit acht bis zwölf Prozent unter dem Bundesdurchschnitt (zehn bis 15 Prozent). Wer dennoch auf der Suche nach frischem Personal ist kann sich an große Personalvermittler-Agenturen wenden, die mit speziellen Call Center-Abteilungen in Frankfurt vertreten sind. Sie bieten spezielle Fachkräfte an und nehmen gezielte Recruitments vor.

Lufthansa Call Center in Kassel: "Gute Voraussetzungen"

Kassel ist ebenfalls verkehrsgünstig gelegen, doch sein Lohnniveau liegt merklich unter Südhessen. Die Universität Kassel sorgt mit ihren 16.000 Studenten für ein ausreichendes Mitarbeiterpotenzial und für Call Center haben der Bund, das Land Hessen, die Kreditwirtschaft und auch die EU zahlreiche Förderprogramme aufgelegt. Neben finanziellen Eingliederungshilfen gibt es zahlreiche Qualifizierungsmodelle. Vorzeige-Call Center ist das Lufthansa Service-Center Kassel (SCK), das 1992 gegründet wurde. Nach schweren Zeiten, in denen es als unrentabel galt, wurde es im Dezember 2004 aus der Deutsche Lufthansa Aktiengesellschaft ausgegründet und mit der rechtlichen Verselbständigung und eigenen Tarifstrukturen wieder wettbewerbsfähig. Heute zählt es 183 Mitarbeiter und ist für verschiedene Auftraggeber aus dem Lufthansa-Konzern tätig: Betreut werden Kundengruppen der Lufthansa, die einen besonderen Service erhalten, sprich Senatoren oder Frequent Traveller, in Verkauf, Reservierung, Marketing und im Bereich Vielfliegerprogramme. Für Premium-Kunden wie HON-Circle und Private Jet Kunden sind spezielle Teams zuständig, teilweise auch persönliche Kundenbetreuer. Geboten werden Event-Management und komplexe Spezialdienstleistungen wie Kundentransporte, fliegende Intensivstationen oder "Round-the-World-Tickets".

Lufthansa-Sprecherin Amelie Lorenz sagt: "Der Standort Kassel bietet gute Voraussetzungen für den Betrieb eines Call Centers. Das belegen auch jüngste Call Center-Niederlassungen von QVC und Otto. Kassel verfügt über eine zentrale Lage, ein günstiges Mietniveau und eine hervorragende Infrastruktur. Außerdem gibt es viele Stellensuchende und ein moderates Lohnniveau, weil dem Standort Kassel noch immer ein Graues-Mäuschen-Image anhaftet - trotz der documenta, einer weltweit anerkannten Ausstellung für zeitgenössische Kunst."

Die Führungsebene des Call Centers rekrutiert das Lufthansa Call Center in der Regel aus dem Konzern, teilweise auch durch interne Entwicklung. Sachbearbeiter und Telefonagenten werden vor Ort ausgeschrieben, nicht selten wechseln Mitarbeiter/innen aus dem Telefonverkauf auch in administrative Funktionen. Laut Lorenz herrscht auf dem regionalen Stellenmarkt kein Mangel an Stellensuchenden aus Verwaltungs- und Büroberufen, das Personal sei in der Regel gut motiviert und man könne von einer geringen Fluktuation ausgehen. "Qualifizierte Fachkräfte können außerdem über den Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universität Kassel angeworben werden", so Lorenz. "Und die Fachbereiche Anglistik und Romanistik stellen Mitarbeiter mit Fremdsprachenkompetenz." So will das Lufthansa Service-Center Kassel seine Premium- und Spezialservices künftig noch weiter ausbauen. Bei all den positiven Voraussetzungen sieht Lorenz auch Nachteile: Personal mit zusätzlichen Fremdsprachenkenntnissen, abgesehen von Englisch, sei schwer zu bekommen - und die mittlerweile starke Präsenz von Call Centern vor Ort erschwere künftig die Rekrutierung neuer Mitarbeiter.

Interview mit Klaus Willich-Michaelis,

Abteilungsleiter Technologie bei der HA Hessen-Agentur

CallCenterProfi: Wie ist die Branche in Hessen aufgestellt?

Willich-Michaelis: Die Call Center-Branche hat sich in Hessen als Wirtschaftszweig eigenständig und erfolgreich entwickelt, also ohne Subventionen oder staatliche Hilfen. Es gab auch keine besondere Unterstützung bei der Aus- und Weiterbildung, also keine öffentlich geförderte Call Center Akademie.

CallCenterProfi: Wie sieht es mit der Rekrutierung von Mitarbeitern aus?

Willis-Michaelis: Die hiesige Region ist zwar vom Fachkräftemangel auch betroffen, aber die Auswirkungen sind nicht so negativ wie an anderen Standorten, da das Rhein-Main-Gebiet über einen flexiblen Arbeitsmarkt und einen großen Einzugsbereich verfügt. Außerdem ist die Branche ja hier auf natürlicher Basis gewachsen und stark spezialisiert, deshalb ist das Image der Branche hier günstiger als anderswo. Aufgrund des hohen Dienstleistungsanteils in der Region und der Konzentration von Vertriebstätigkeiten fällt es leichter als an anderen Standorten, Mitarbeiter für den Telefonvertrieb zu finden. Zusätzlich werden die Möglichkeiten der beiden neuen Ausbildungsberufe genutzt. Im Raum Kassel gibt es eine aktive Wirtschaftsförderung und Arbeitsverwaltung. ( )

CallCenterProfi: Welche Vorteile sehen Sie noch?

Willich-Michaelis: Hessen verfügt über eine hohe Konzentration an Call Centern. Die Rhein-Main-Region mit Frankfurt bietet eine zentrale Lage, die Nähe zu Kunden, eine hervorragende technische Infrastruktur, ein großes Mitarbeiterpotenzial und ein ausgeprägtes Call Center-Cluster. Wichtig ist die Nähe zum Kunden: Großbanken, Versicherungen sowie nationale und internationale Headquarter sind in Frankfurt und Umgebung konzentriert. Auch in den heutigen Zeiten der weltweiten kommunikationstechnischen Möglichkeiten ist die räumliche Nähe zum Kunden ein Faktor, der bei qualifizierten Geschäftsbeziehungen hoch zu bewerten ist. Der zweite kleinere Standpunkt liegt in Kassel. Hier haben sich aufgrund der zentralen Lage in Deutschland, günstiger Verkehrsanbindungen (ICE-Bahnhof in Wilhelmshöhe) und eines qualifizierten und gleichzeitig kostengünstigen Arbeitskräftepotenzials ebenfalls eine Reihe bedeutender Call Center angesiedelt.

CallCenterProfi: Geht der Trend zum Inhouse-Call Center?

Willich-Michaelis: In Hessen sind sowohl Inhouse-Call Center als auch Dienstleister vertreten. Hier ansässige Banken und Versicherungen haben meist Inhouse Call Center. Andererseits gibt es viele, in der Regel kleinere Call Center-Agenturen mit dem Arbeitsschwerpunkt Outbound. Dies ist auf die traditionell ausgeprägte Vertriebstätigkeit in der Region zurückzuführen.

CallCenterProfi: Was plant die Hessen Agentur im Bereich Call Center?

Willich-Michaelis: Derzeit arbeitet die Hessen Agentur an einer umfangreichen Call Center Studie für Hessen, um regionalspezifische Zahlen nennen und Trendaussagen treffen zu können.

Standort-Statement von Volker Lappöhn,

Hauptabteilungsleiter Kundenservice und Vertrieb AOK Hessen

"Die AOK Hessen hat drei Standorte in Hessen - im Norden, in der Mitte und im Süden. Insgesamt beschäftigen wir in Kassel 137 Mitarbeiter im Call Center, davon 70 im Outbound-Bereich. Unser Inbound-Bereich beschäftigt ausschließlich Sozialversicherungsfachangestellte, die unsere Firmenkunden-Hotline betreuen und unsere Kunden beraten. Im Outbound finden Terminvereinbarungen für unseren Außendienst und selbst gesteuerte Kundenkontakte statt. Hier beschäftigen wir auch extern angeworbene Agenten, die in Nordhessen leichter zu rekrutieren sind als zum Beispiel in den Ballungsgebieten. Die Bundesagentur für Arbeit hat uns bei der Personalfindung unterstützt. Die AOK in Hessen wickelt im Gegensatz zu Niederlassungen in anderen Bundesländern die telefonische Kundenbetreuung komplett Inhouse ab, da wir meinen, dass unser hoher Qualitätsanspruch auf dem freien Markt nicht zu bedienen ist."

Standort-Statement von Robert Grässler,

geschäftsführender Gesellschafter der gkk DialogGroup, Frankfurt

"Frankfurt ist unsere private Heimat, aber schon mit Gründung der gkk war klar, dass wir eine Mehrstandortstrategie zur Umgehung von regionalen Feiertagsengpässen anstreben würden, daher haben wir damals bereits unsere Firma auch in München und Berlin angemeldet (mit Tochter-GmbHs). Frankfurt als Headquarter ist wegen der sehr guten Infrastruktur und den vielen vorhanden Kundenpotenzialen äußerst interessant, aber auch wegen des Arbeitsmarktes. Wir glauben nicht an die Subventionsnomaden-Story, bei der man die Förderregionen abklappert, um so den Stundenpreis durch Mischkalkulationen abzusenken. Wir haben hier bei gkk nach wie vor viele Mitarbeiter, die seit Gründung dabei sind und allein das zeigt die Qualität des Standorts aus unserer Sicht eindrucksvoll. Dass so viele andere Call Center hier gescheitert sind, liegt aus meiner Sicht denn auch nicht so sehr am Standort wie eher an der Egomanie des ein oder anderen in Bezug auf das Lied "Size matters". Wir glauben, Qualität setzt sich durch und wächst (zwar langsamer aber stetiger). Unsere Schwerpunkte liegen in den Bereichen Finanzdienstleistung, Versicherungen und Telekommunikation und da vor allem auf CRM-Consulting, Database Management und Call Center-Dienstleistungen, die wir mit rund 120 Mitarbeitern erbringen. Die Rekrutierung ist der Schlüssel zum Erfolg. Bei uns erfolgt sie je nach Tätigkeitsbereich in mehrstufigen Vorstellungsrunden. Einfach ist dabei nur am Ende die Unterschrift unter die Verträge."

Große Call Center in Hessen

[ul][/li][/li][/li][/li]

[li]American Express Bank GmbH, Frankfurt[/li][/li][/li][/li]

[li]Bosch Communication Center, Frankfurt[/li][/li][/li][/li]

[li]CPM Company for Telephone Marketing OHG, Frankfurt[/li][/li][/li][/li]

[li]Dialog Frankfurt GmbH, Frankfurt[/li][/li][/li][/li]

[li]gkk Dialog Group GmbH, Frankfurt[/li][/li][/li][/li]

[li]SNT Deutschland AG[/li][/li][/li][/li]

[li]ING DiBa AG, Frankfurt[/li][/li][/li][/li]

[li]Maincom Telemarketing Services GmbH, Frankfurt[/li][/li][/li][/li]

[li]TDS Tele Dialog Services Gmbh &Co. KG, Frankfurt[/li][/li][/li][/li]

[li]1822 direkt GmbH, Frankfurt[/li][/li][/li][/li]

[li]Wundermann Gmbh &Co. KG, Frankfurt[/li][/li][/li][/li]

[li]Time Frame AG, Friedrichsdorf[/li][/li][/li][/li]

[li]digital-dialog GmbH, Heusenstamm[/li][/li][/li][/li]

[li]Lufthansa Service Center GmbH, Kassel[/li][/li][/li][/li]

[li]Otto Versand, Kassel[/li][/li][/li][/li]

[li]QVC eService Inc. &Co. KG, Kassel[/li][/li][/li][/li]

[li]Minacs Worldwide GmbH, Rüsselsheim[/li][/li][/li][/li]

[li]DBV Winterthur AG, Wiesbaden[/li][/li][/li][/li]

[li]Nassauische Sparkasse, Wiesbaden[/li][/li][/li][/li]

[li]R+V Versicherung AG, Wiesbaden [/li][/ul]

(Quelle: )

Passende Inhalte

Aktualität
Keine Nachrichten verfügbar.
Aufrufe
Keine Nachrichten verfügbar.

Passend im Marktplatz

Business
Keine passenden Business Cards gefunden.