CallCenter Profi

Bayern

 – Steffanie Gohr

Bayern ist ein hochrangiger Call Center-Standort. Beliebt sind die Ballungsgebiete um München, Nürnberg und Augsburg, denn hier gibt es große Auftraggeber und an den Hochschulen qualifizierte Arbeitskräfte. Jenseits der Metropolen locken günstige Gewerbeimmobilien und niedrige Lohnkosten. Ein weiterer Pluspunkt für die Branche ist die Unterstützung durch das Bayerische Wirtschaftsministerium und das Call Center-Netzwerk Big Number e.V. Damit stehen die Zeichen weiter auf Wachstum!

Bayern zählt 330 Call Center und 30.000 Agenten. Diese Dichte an Call Centern hat gute Gründe: Bayern ist ein wirtschaftlich starkes Land und in den Ballungsgebieten sitzen wichtige Auftraggeber, von der Advance Bank und BMW in München bis zu DATEV, O2 und ConSors Discount Broker in Nürnberg. Die Hochschulen versorgen die Call Center mit flexiblen und qualifizierten Mitarbeitern. Außerhalb der Metropolen, etwa in Ostbayern, sind Lohn- und Immobilienkosten geringer als in den Großstädten, die Mitarbeiter aber genauso qualifiziert. Für einen Flächenstaat wie Bayern sind damit gerade große Call Center - ob firmeninterne oder Dienstleister - interessante Ansiedlungen.

Dabei gab es bis zum Jahr 2000 keine Initiative, die sich der Branche angenommen hätte. Die Idee zu einem solchen Verein kam der Münchner Unternehmensberaterin Dr. Kirsten Schrick 1999, im Jahr 2000 folgte prompt die Gründung der Big Number e.V. Schrick, die lange Zeit Vorsitzende des Vereins war, erläutert: "Ein Verein war überfällig, da es in Bayern tolle Auftraggeber und interessante kosmopolitische Menschen gibt. Big Number spiegelt die Bedeutung des Call Center-Standortes Bayern wider."

Big Number e.V. ist eine Public-Private-Partnership, also eine Partnerschaft zwischen privaten Call Center-Unternehmen und dem bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie und zählt derzeit zwölf aktive Mitglieder, darunter Inhouse Call-Center, Call Center-Agenturen und Weiterbildungsunternehmen. Ziel ist es, Aufgaben und Perspektiven von Call Centern bekannter zu machen, Arbeitskräfte für die Branche zu begeistern und Bayern als Standort der Branche zu stärken. Mindestens einmal jährlich präsentiert sich der Big Number der Öffentlichkeit, etwa durch Aktionswochen oder Aktionstage. Dann geht es zum Beispiel um Personalentwicklung und Werbung für den Standort Bayern. Doch über die kostenlose Big Number Hotline können Interessenten sich auch jederzeit informieren oder Kontakt zu Vereinsmitgliedern aufnehmen (0800-1090666). Die neu gestarteten Ausbildungslehrgänge zum Kaufmann/zur Kauffrau bzw. zur Servicefachkraft für Dialogmarketing gehen ebenfalls maßgeblich auf eine Initiative des Freistaates und von Big Number zurück. Derzeit werden an zwei Standorten rund 180 Auszubildende geschult, 2007 sollen neue Standorte hinzukommen.

Hochwertige Dienstleistungen im Fokus

Bayern steht für hochwertigen Beratungsdienstleistungen, betont Dr. Kirsten Schrick. Es gebe eine große Anzahl an Inhouse Call Centern und interessante Job-Profile. Big Number unterstützt daher besonders Qualifizierungsoffensiven und die neuen Ausbildungsberufe. Daneben gibt es die Communication Center Akademie Bayern - ein Institut des Bildungswerkes der Bayerischen Wirtschaft (bbw) e.V. und Spezialist auf dem Gebiet der Personalentwicklung, die Kunden sowohl bei firmeninternen Schulungen als auch bei der Personalauswahl unterstützt sowie Call Center-Lösungen und technisches Consulting anbietet. Die Communication Center Akademie unterhält in Bayern 180 Standorte und engagierte sich als Partner des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Technologie zwischen 1999 und 2004 im Rahmen des Förderprojekts Qualifizierungsoffensive. Reiner Hager, Leiter der beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft bfz in Weißenburg, zu denen auch die Communication Center Akademie gehört, sagt: "Bei der Communication Center Akademie steht heute die individuelle Personal- und Organisationsentwicklung im Vordergrund, ein offenes Lehrprogramm bringt zu viele Streuverluste mit sich. Derzeit richtet die Akademie sich neu aus. Für 2007 ist ein neuer Marktauftritt geplant und die Prozesse und Strukturen werden optimiert." 2007 will die Call Center Akademie Bayern auch wieder Mitglied bei Big Number werden, wie es schon einmal der Fall war. Einen intensiven Austausch gibt es bereits, da das Personalentwicklungsziel der Akademie die Ziele von Big Number hervorragend ergänzt.

Denn in Bayern wie auch anderswo werden die Dienstleistungen branchenübergreifend immer komplexer. Jens Christian Ammermann, derzeitiger Vorsitzender von Big Number und Geschäftsführer des Communication Center Nürnberg ccn, prognostiziert: "Call Center, die schnelles Geld machen wollen und Kaltakquise in Privathaushalten betreiben, werden langfristig die Verlierer sein. Die Dienstleister, die Wert legen auf qualifizierte Dienstleistungen und ihre Auftraggeber wirklich entlasten können, werden gewinnen. Künftig werden Auftraggeber und Dienstleister immer enger verzahnt, da Outsourcing in der Regel kostengünstiger ist als Inhouse-Service."

Das Communication Center Nürnberg ccn ist seit 1999 in Nürnberg ansässig und betreut unter anderen die Nürnberger Versicherung aber auch BMW und Siemens in München. Ammermann weiß, dass viele Auftraggeber ihre Call Center in der Nähe wissen und in kurzer Zeit persönlich erreichen wollen und daher Ballungsräume wie Nürnberg und München vorziehen. So sitzen in Nürnberg Agenturen und Inhouse-Call Center wie defacto, Sellbytel, Quelle, Ing.Diba, O2 und DATEV. Ammermanns Resümee: "Bayern wird auch künftig in der ersten Liga der Call Center-Standorte Deutschlands mitmischen. Da sich der Standortwettbewerb international weiter verschärft wird Bayern konsequent auf das Merkmal Qualität setzen und neben dem Marktpotenzial auch seine intensiven Verbindungen zu den wirtschaftlich erstarkenden mittel- und osteuropäischen Ländern ausspielen."

DATEV: "Nürnberg ist ein perfekter Standort"

Das in Nürnberg ansässige Unternehmen DATEV (Datenverarbeitung und Dienstleistung für den steuerberatenden Beruf eG), ebenfalls Mitglied bei Big Number, fungiert als deutsche Genossenschaft für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte. Früher hauptsächlich als Rechenzentrum tätig, produziert und vertreibt DATEV heute auch Software und Beratungsleistungen für diese Berufsgruppen. Der Schwerpunkt liegt im Steuerberatermarkt. Im Service Center arbeiten rund 600 Agenten - und jeden Monat werden es mehr, so Thomas Kähler, Leiter Public Relations bei DATEV: "Wir vertreiben etwa 180 Software-Produkte und benötigen versierte Agenten, die Fachfragen zur jeweiligen Software beantworten können. Deshalb sind unsere Service Center-Mitarbeiter vor allem Betriebswirte und Informatiker." Und die kommen von den Nürnberger Hoch- und Fachhochschulen. Oder auch mal von anderen Hochschulen, da Nürnberg als Stadt und durch die Nähe zu München ein reizvoller Wohnort ist.

Die Mitarbeiter werden etwa ein halbes Jahr auf das Produkt geschult. Anschließend arbeiten sie etwa ein Drittel ihrer Zeit im Telefonservice und verwenden zwei Drittel ihrer Zeit darauf, um auf Basis ihrer Kundenkontakte die DATEV-Systeme zu optimieren. Schließlich senken optimierte Systeme die Anrufquoten, da viele Fragen schon im System beantwortet werden. Wegen des großen bundesweiten Kundenkreises zählt DATEV pro Quartal etwa zwei Millionen Anrufe: Da sind zunächst die 39.000 Mitglieder bestehend aus Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und Rechtsanwälten. Hinzu kommen rund 100.000 Unternehmen, die Mandanten der Mitglieder sind, meist kleine und mittelständische Unternehmen, da große Unternehmen meist über eigene Steuerrechtsabteilungen verfügen.

Kähler resümiert: "Der Standort Nürnberg ist für uns perfekt. Es gibt qualifizierte Mitarbeiter, die technische Infrastruktur ist hervorragend ausgebaut und nicht zuletzt bietet sich Nürnberg als zentral gelegene Stadt in Europa zur Expansion an - europaweit und vor allem auch Richtung Osten."

Interview mit Gerald Schreiber,

geschäftsführender Gesellschafter defacto, Nürnberg

CallCenterProfi: Wie viele Mitarbeiter beschäftigt defacto und welche Aufgabenschwerpunkte gibt es?

Gerald Schreiber: Die defacto.gruppe mit Hauptsitz in Erlangen beschäftigt insgesamt 830 Mitarbeiter. Am Standort Nürnberg-Boxdorf sitzen 220 Mitarbeiter. Sie arbeiten vorwiegend im Outbound, also aktiven Telefonmarketing: Kundenbetreuung und Cross- und Up-Selling, Interessentenmanagement, Kundenbindung, Kundeninformation und Kündigerrückgewinnung.

CallCenterProfi: Warum hat sich defacto für den Standort Nürnberg entschieden?

Schreiber: Der Standort Nürnberg ist von der Unternehmenszentrale nur zehn Minuten entfernt und bietet die Chance, den Nürnberger Arbeitsmarkt zu erreichen.

CallCenterProfi: Wo liegen die Vorteile des Standortes Bayern?

Schreiber: Durch das Fremdsprachen Institut und internationale Großunternehmen wie adidas und Siemens gibt es auch viele multilinguale Bewerber, die wir in unseren internationalen Projekten brauchen. Dem Standort Nürnberg ist außerdem der Strukturwandel hin zur Dienstleistungsorientierung gut gelungen, daher ist er ein gutes Umfeld für unser Dienstleistungsunternehmen. Durch den hohen intellektuellen Anspruch der Bewerber ist es defacto leichter gefallen, an diesem Standort seine Premium-Idee umzusetzen - für einfache Massenarbeit ist der Standort weniger geeignet.

CallCenterProfi: Welche Pläne hat defacto künftig noch in Bayern?

Schreiber: Die Unternehmenszentrale aller zehn defacto-Gesellschaften ist hier vor Ort (Erlangen/Nürnberg) und somit ist hier auch die Keimzelle für jede Unternehmensentwicklung der Gruppe. Wir wollen das Unternehmen hier weiter stärken und kontinuierlich wachsen.

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