CallCenter Profi

Slukas kuriose Welt des Kundenservice: Die Odyssee des magentafarbenen Fernsehens

 – Alexander Jünger

Die geneigte Leserschaft erinnert sich vielleicht noch an meine Geschichte mit dem Bezahlsender Sky (hier nachzulesen). Der allgemeine Lockdown hat dazu geführt, dass ich meine Streaming- und Fernseh-Dienste massiv erweitert habe. Zusätzlich zu Magenta TV und Sky habe ich jetzt auch ein Abo von Netflix, Amazon Prime, Disney+ und (ich muss es gestehen) auch bei TV Now. Zeit also, auch mal einen Preisvergleich zu machen. Ich hätte es vielleicht besser nicht getan.

Ich surfe also mal auf der Magenta TV-Internetseite vorbei und stoße auf einen Monatspreis von 19 Euro für das Sky-Filmpaket. Ein Blick auf meine letzte Rechnung von Sky verrät, dass ich mit 36,89 Euro fast doppelt so viel bezahle. Natürlich wollte ich sofort bei der Magenta-Hotline anrufen, musste aber feststellen, dass die an einem Sonntag nicht erreichbar ist. Klar! Wer telefoniert schon an einem Sonntag oder sieht vielleicht sogar noch fern?

Also rufe ich die Magenta-Hotline einen Tag später an und drücke die Taste, von der ich vermute, dass sie die richtige ist. Schon nach kurzer Wartezeit bin ich an der Reihe, schildere mein Anliegen und erfahre: Natürlich bin ich hier falsch! Gut, ich kenne mich mit Call Centern sonst ja auch nicht so gut aus. Spontan gerate ich in ein philosophisches Grübeln: Warum werden Hotline-Auswahlmenüs immer so designt, wie das Unternehmen es glaubt zu brauchen und nicht wie Kunden es wollen? Das war auch der Grund, warum wir im Kundenservice der ÖBB die IVR vor einigen Jahren in Rente geschickt haben. Ich verwerfe den Gedanken schnell wieder und halte es so wie der bekannte deutsche Philosoph Michael Wendler: "Egal!" Derweil verbindet mich die nette Dame am anderen Ende der Leitung mit der richtigen Abteilung für mein Anliegen.

Jetzt heißt es erstmal einen Tick länger warten. Das „Ta-Ta-Ta-Ta-Tam“ von Magenta, dieses markante Sounddesign, brennt sich in der Zwischenzeit in meine Großhirnrinde. Plötzlich: Ein Mensch am Telefon. Ich erkläre ihm, dass ich fast 40 Euro für mein Sky-Abo zahle, es aber aktuell für nicht mal die Hälfte zu haben ist. "Muss ich kündigen und neu abschließen, um den Preis zu bekommen oder gibt es da die Möglichkeit nicht doch irgendwie …" Der Mitarbeiter ist bemüht, sehr nett und fragt sogar kurz bei seinem Supervisor nach. Konklusio: Er kann das jetzt so nicht entscheiden, verbindet mich aber jetzt mit der Stammkunden-Hotline. Wow! Ich bin begeistert! Ich habe meinen Magenta-Telefonievertrag (vormals T-Mobile, vormals max.mobil) schon seit 1997 und Fernsehen (vormals UPC, vormals Telekabel) seit etwa 2004. Ich werde vom Unternehmen als Stammkunde wahrgenommen! In der restlichen Wartezeit brennt sich zwar wieder das Magenta-Soundjingle in meinen auditiven Cortex – ich wachse dabei aber auch um gefühlte fünf Zentimeter. Ich bin Stammkunde!

Nach der Wartezeit meldet sich eine sehr freundliche Dame und ich schildere ihr wieder mein Anliegen. Sie nimmt sich Zeit und schaut sich meine Verträge mal genauer an. So erfahre ich, dass ich für einige Fernsehpakete bezahle, obwohl die schon länger kostenlos in meinem Tarif enthalten sind! Gut, Unternehmen wie Magenta leben von solchen Trotteln wie mir.

Die Analyse meiner Vertragssituation geht weiter und die Dame in der Hotline will wissen, ob ich über Magenta auch mein Internet beziehe. 'Irgendwie schon', denke ich bei mir. 'Jetzt ist es Magenta (vormals Telering) und ich zahle dafür aktuell 25 Euro pro Monat'. "Im neuen Kombiangebot zahlen Sie am am Anfang nur 5 Euro für's Internet", erfahre ich in der Hotline und "ob ich nicht auch gleich auf eine neue TV-Box umsteigen will". 'Würde Sinn machen', denke ich, denn meine alte Box hat schon fast 13 Jahre auf der Festplatte. Gesagt, getan! Ich nehme an und bekomme die Info, dass mir die neue Box per Post zugeschickt wird und dass sich die alte Box zwei Stunden nach Empfang der neuen Box von selbst deaktiviert. 'Cool! Irgendwie wie bei Mission Impossible': „Sollten Sie Mr. Hunt oder irgendein Mitglied ihres Teams …“ Aber gut - ich schweife schon wieder ab. Zum Glück fällt mir noch rechtzeitig ein, dass ich noch gar nicht alle Filme auf der alten Box angesehen habe. Also einigen wir uns darauf, dass mir erst einmal nur die neue Hardware zum Internetempfang per Post zugeschickt wird und ich meine neue Magenta TV-Box einfach jederzeit in einem Magenta-Shop abholen kann. Super! Und das Beste daran: diese liebe, nette und bemühte Mitarbeiterin in der Magenta-Hotline, die gerade aus dem Homeoffice telefoniert, hilft mir, unglaubliche 65 Euro pro Monat (also 780 Euro im Jahr) zu sparen. Ich bin ein echt zufriedener Kunde und ein gönnerhaftes Grinsen macht sich auf meinem Gesicht breit. Alles in allem hat sich dieses fast einstündige Telefonat also doch bezahlt gemacht. Alle TV-Pakete sind neu abgeschlossen und ich spare sogar noch eine Menge Geld! Glück was willst Du mehr?

Am Abend setze ich mich dann glücklich und zufrieden vor den Fernseher, nehme meine Fernbedienung und fühle mich wie der König der Welt. Beim Durchzappen merke ich aber: Hey! Da fehlt doch was! Das Extra-HD-Paket von RTL und der dazugehörigen Fernsehsender ist nicht mehr da. Und Sky kann ich auch nicht mehr abrufen. Statt zu vorgerückter Stunde erneut mit der Hotline zu telefonieren, streame ich stattdessen einen Film auf Netflix - wenigstens das funktioniert wie gewohnt.

Natürlich rufe ich direkt am nächsten Tag in der Hotline an, drücke - scheinbar aus alter Tradition - natürlich wieder die falsche Taste, lande bei einer Mitarbeiterin, die mir mit meinem Anliegen nicht weiter helfen kann, werde weiter verbunden und berichte dem sich kurz darauf meldenden Mitarbeiter vom Verlust meiner HD-Sender und vom fehlenden Sky-Empfang. „Wann haben Sie das denn alles neu abgeschlossen?“, fragt der Mitarbeiter und ich antworte wahrheitsgemäß mit: "Gestern!" "Ahhhhh ja!", ertönt es am anderen Ende der Leitung und ich erfahre: "Letzte Nacht hatten wir ein Update bei den Fernsehsendern und einige Positionen haben sich geändert. Sie müssen nur auf manuellen Suchlauf gehen und dann klappt alles wieder!"

Vielleicht liegt es an meinem Beruf, aber ich erkenne sehr schnell, wenn ich angelogen werde. „Sind sie sich absolut sicher, dass das funktioniert?", frage ich den Mitarbeiter ungläubig. "Ich bin leider gerade nicht in der Nähe meines Empfangsgeräts, sonst würde ich Sie Gerät, sonst würde ich sie gerne in der Leitung lassen, während ich das mit dem manuellen Sendersuchlauf probiere." "Das klappt wirklich - glauben Sie mir!", versucht mich der Mitarbeiter zu beruhigen. „Na gut", höre ich mich sagen, "ich vertraue Ihnen. Und sagen Sie mal: nachdem ich so viele Hintergrundgeräusche bei Ihnen höre, vermute ich mal, dass sie nicht aus dem Homeoffice telefonieren?“ "Nein", antwortet der Mitarbeiter, "ich sitze im Call Center. In Coronazeiten mit 50 Anderen. Es gibt Lustigeres!" Endlich mal ein Satz, der so nicht im Gesprächsleitfaden steht.

Jedenfalls bewege ich mich zu meinem Empfangsgerät und starte den manuellen Sendersuchlauf – und siehe da: Nichts! Ich mache sogar einen Reset der kompletten Box, doch weder Sky noch die HD-Sender kehren zu mir zurück. Aber: Am Fernseher wird mir eine Telefonnummer angezeigt, die ich anrufen kann, wenn der Sender nicht verfügbar ist. 'Das muss wohl die Super-Dooper-Techniker-Hotline sein", denke ich noch so bei mir, während ich die Nummer wähle. Schon nach wenigen Minuten spreche ich mit einem kompetenten Mitarbeiter, der - wie immer - nach meinem Namen, meiner Anschrift oder Kundennummer fragt. Bei der Frage nach dem Namen bin ich kurz davor, einfach „Odysseus“ zu erwidern, halte mich aber zurück und sage jetzt zum insgesamt sechsten Mal "Robert Sluka". Diesmal mit Erfolg, denn der Mitarbeiter erkennt mein Problem auf einen Blick: Nachdem ich alle TV-Pakete neu abgeschlossen habe, wurden diese auch neu auf meine Box gespielt. Zwei Pakete HD-Sender und Sky sind dabei schlicht "hängengeblieben". Der Mitarbeiter verspricht, dass alles in den nächsten zwei Stunden wieder wie gewohnt funktioniert und er sollte recht behalten - teilweise jedenfalls.

Aus unerklärlichen Gründen sind am nächsten Tag Sky und die HD-Sender der RTL-Gruppe wieder da. Dafür fehlen mir 20 andere HD-Sender. Ich habe keine Lust, schon wieder bei der Magenta-Hotline anzurufen, lasse es bleiben und stelle wieder einen Tag später fest, dass jetzt alle Sender wieder da sind. "Jippie!!! Es geht doch!"

Eine Woche später sind alle Filme auf der alten Box in Augenschein genommen und nun gibt es nichts mehr, was mich daran hindert, auf eine neue TV-Box umzusteigen -außer vielleicht Magenta. Keine hundert Meter von meiner meiner Wohnung ist der nächste Magentashop, den ich freitagnachmittags mit den Worten betrete: „Da bin ich! Ich weiß, Sie haben schon auf mich gewartet. Mein Name ist Sluka, Robert Sluka. Meine Kundenummer ist … und ich komme, um meine neue, supertolle 4K Magenta TV Box abholen.“ Ich fühle mich großartig! Und zwar genau so lange bis der Shopmitarbeiter meint: „Wir hätten diese Woche welche bekommen sollen, aber es kamen keine.“ "Nächste oder übernächste Woche" erfahre ich auf meine Frage, wann wieder welche verfügbar sein werden. Zu lange für mich, weshalb ich mich nach alternativen Bezugsmöglichkeiten erkundige. "In jedem Magenta-Store" erhalte ich nach Auskunft des Mitarbeiters meine Box (nur eben nicht in diesem.) Weil ich keine Lust darauf habe, umsonst ins fünf Kilometer entfernte Einkaufszentrum zu fahren, bitte ich den Mitarbeiter darum nachzuschauen, ob der betreffende Shop überhaupt eine Box auf Lager hat. "Das kann ich Ihnen nicht sagen", erfahre ich daraufhin von dem Mitarbeiter. "Die Lagerbestände von anderen Shops sehen wir nicht.“ Na Hurra! Aber wer kann im Jahr 2020 schon von einem Technologieunternehmen erwarten, dass es seinen Kunden auf Knopfdruck sagen kann, ob und wo ein Produkt verfügbar ist. Ich denke schon wieder an Michael Wendler, nehme mit – um Zeit zu sparen – ein DriveNow-Elektroauto und fahre also die fünf Kilometer zum nächsten Magenta-Shop.

Dort angekommen, bin ich sofort an der Reihe und spule meine Story herunter: „Guten Tag, mein Name ist Odysseus. Homer schreibt aktuell über meine Odysee eine Kundenrezension für's nächste Magenta-Kundenmagazin und ich bin seit gefühlten zehn Jahren unterwegs, um endlich gescheit fernsehen zu können.“ So oder so ähnlich ... vielleicht habe ich auch Sluka gesagt. Jedenfalls fragt mich der Shopmitarbeiter, wo denn meine alte Box sei. Die bräuchte er nämlich im Austausch gegen meine neue Box. "Was???", frage ich ungläubig und will wissen, was man mit einer 13 Jahre alten TV-Box anfangen will. "Na ja, die wird refurbished und weiterverkauft", werde ich aufgeklärt und fühle mich plötzlich ganz mies: Nehme ich einem Dritte-Welt-Bewohner vielleicht die Möglichkeit, Bibel.TV oder Tele5 zu empfangen, wenn ich meine alte Box nicht wieder in den Strukturkreislauf einbringe? Ich will es ehrlich gesagt gar nicht genau wissen und da ich ja emissionsfrei unterwegs bin, fahre ich einfach nochmal fünf Kilometer nach Hause, hole diese alte Box und fahre nochmal fünf Kilometer zurück zum Magentshop. Und dann ... endlich halte ich sie in meinen Händen: meine neue 4K Magenta Mediabox. Erschöpft, aber glücklich lasse ich den Freitag zu Hause ausklingen.

Eigentlich will ich am Wochenende gar nicht mehr fernsehen und als ich es dennoch versuche, muss ich feststellen: Ich kann es auch gar nicht! „Der Sender wird eingerichtet“, lese ich auf jedem zweiten Speicherplatz. Ganz nebenbei: Sky fehlt natürlich komplett. Weil die Hotline bekanntlich nicht erreichbar ist, versuche ich es alternativ mit Origami und erreiche die Stufe des Großmeisters. Aus einem A4-Blatt falte ich eine Magentabox mit Fernbedienung, einen Fernseher und einen Kunden, der diese Box lustvoll mit seiner kleinen Origami-Axt zerschmettert.

Gleich am Montag rufe ich also wieder bei der Hotline an, deren Details ich Ihnen jetzt besser erspare. Jedenfalls wird wieder ein Update durchgeführt, das jedoch wieder ohne Ergebnis bleibt. Dann - endlich - gibt mir die neue intelligente 4K Magenta Mediabox erstmalig die entscheidende Fehlermeldung aus: „WLAN-Signal zu schwach.“ Ich packe endlich die neue Internetbox, die ich eine Woche davor per Post bekommen habe, aus und installiere sie. Danach - siehe da - habe ich endlich alle Sender und selbst Sky ist wieder zu Papa zurückgekehrt. Nach rund zwei Wochen „Odysee“ endet endlich meine Reise. In den zwei darauffolgenden Wochen streame ich eigentlich nur noch Disney+, denn ich brauche Kinder- und Zeichentrickfilme, um meinen Blutdruck, den Magenta in die Höhe getrieben hat, wieder zu beruhigen.
Und was habe ich aus all dem gelernt? Immerhin dürfte ich bei Magenta Stammkunde sein!

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