CallCenter Profi

Slukas kuriose Welt des Kundenservice: Advent, Advent mein Packerl brennt

 – Alexander Jünger

Robert Sluka, Vize-Präsident des österreichischen Call Center Forums, ist seit mehr als 20 Jahren im Customer Care-Bereich tätig und Kenner der Branche. Aber er ist vor allem eines: selbst Kunde. In unserer Serie "Slukas kuriose Welt des Kundenservice" gibt der Call Center-Manager des Jahres 2003 lustige Einblicke in seine Service-Erlebnisse. Heute: Advent, Advent mein Packerl brennt.

Okay ich gebe es zu: in dieser Story geht kein Weihnachtspaket in Flammen auf. Aber irgendwie brauchte ich einen reißerischen Titel, der Sie zum Lesen animiert! Der Titel „Die kuriose, seltsame Weihnachtsgeschichte wie ein Paket auf wundersame Weise zweimal zugestellt wurde“ hat eben nicht so viel Drama wie der aktuelle Titel. Aber schön langsam der Reihe nach.

Die beste Nicht-Ehefrau von allen, also meine Frau, ist Weihnachtsfan. Sie liebt diesen weihnachtlichen Schnick-Schnack und ich stehe ihr in nichts nach. Mein weihnachtlicher Höhepunkt ist immer der Kauf des Weihnachtsbaums. Da versuche ich was Größe und Ausstattung betrifft, mit dem Weihnachtsbaum am Wiener Rathausplatz oder mit dem vor Schloss Schönbrunn mitzuhalten. Wir wohnen im Altbau und die hohen Räume erlauben da schon einiges.

Jedenfalls war meine Liebste wieder in weihnachtlicher Vorfreude und kaufte Online bei „Depot“ weihnachtlichen Schnick-Schnack. Kerzen, Kerzenhalter, beleuchtete Weihnachtshäuschen und was es sonst noch alles gibt. Nach ein paar Tagen kam die Meldung, dass das Paket unterwegs ist. Und dann plötzlich – an einem Sonntag (?) erreichte uns eine Meldung der österreichischen Post: „Empfänger nicht angetroffen – benachrichtigt“ und knapp zweieinhalb Stunden die Nachricht „Sendung in Abholstation eingelagert“. Verwunderung machte sich breit. Die Post stellt jetzt also auch am Sonntag zu oder versucht es zumindest?

Zwei Tage später gehe ich also zur Postabholstation. Mittels Scan des QR-Codes an der Abholstation öffnet sich das Unterschriftsfeld am Bildschirm. Einmal kurz mit dem Finger am Schirm unterschrieben, schon öffnet sich ein Abholfach. In meinem Fall klarerweise das unterste in der Reihe. Ich sehe das Paket nicht und taste mich vorsichtig vor. Letztlich gehe ich in die Knie und schaue in das Paketfach. Und dann tritt das ein, vor dem ich mich seit Jahren im Self Service, seit es die Abholstationen bei der Post gibt, massiv fürchte: Ich schaue in ein leeres Paketfach. Wie Indiana Jones entzünde ich meine Fackel. (Okay ich drehe die Taschenlampe am iPhone voll auf und leuchte in das Fach.) Entweder ist das Fach leer – oder das Paket ist so klein, das es mit bloßem Auge nicht zu sehen ist. Ich fasse also noch tiefer ins Fach hinein und wie einer der beiden Ehrlich-Brothers habe ich das Gefühl, gleich ganz im Paketfach zu verschwinden. Nach mehreren Minuten und einem kompletten Scan des Paketfachs bin ich mir sicher: Es befindet sich kein Paket im Paketfach! Na suuuper! Mit meiner Unterschrift habe ich aber soeben den Empfang des Pakets bestätigt.

Nachdem es ein Wochentag ist gehe ich zum Postamt neben der Abholstation und schildere der netten Dame am Counter was mir eben passiert ist. Sie bemüht sich und schaut in die Sendungsverfolgung. Dort steht natürlich, dass das Paket vor ein paar Minuten abgeholt wurde. Sie schaut trotzdem nochmals nach meinem Namen suchend auch in ihrem Paketlager. Nichts! "Das ist ja genauso unglaublich wie eine Paketzustellung an einem Sonntag", sage ich und siehe da: Das ist der entscheidende Hinweis für die nette Dame. „Ach so. Gut das Sie das sagen", entgegnet sie. "Am Sonntag war ein Subunternehmen für uns unterwegs. Sie sind heute nicht der erste, der sein Paket nicht bekommen hat.“

Bis jetzt hatte ich ja immer das Gefühl die Aussage: „Das trifft auch andere Kunden“ ist der absolute Scheiß und bringt keinerlei Kundennutzen. Aber siehe da – ich habe mich geirrt. Diesmal und erstmalig ist die Aussage beruhigend. Die nette Dame schreibt mir gleich die Telefonnummer des Post- Kundenservice 0800 010 100 auf ein Post-It und rät mir, dort anzurufen. "Die wissen Bescheid über das Subunternehmen."

Kaum daheim rufe ich also dort an. Die Stimme am Telefon weist auf die „lange Wartezeit auf Grund des hohen Paketaufkommens hin“. Ich stelle mich auf stundenlanges Warten ein und bin überrascht, als sich nach knapp einer Minute eine engagierte Mitarbeiterin meldet. Ich schildere mein „Problem“ und sie will als erstes die Trackingnummer meines Pakets. Ich gebe sie ihr, sie sucht und informiert mich, dass das Paket ja abgeholt wurde. Sie kommt dann jedenfalls sehr schnell selbst darauf, dass das ganz logisch so sein muss, wenn ich die Übernahme bei der Abholstation unterschrieben habe. Trotzdem hat sie einen Lösungsansatz für mich. Sie leitet die Angelegenheit weiter an den Zustellrayon. In Österreich werden Postzustellbereiche immer noch aus dem französischem „Rayon“ genannt. Nicht dass sie jetzt – wenn sie es nachgoogeln Rayon als „Hoffnungsschimmer“ übersetzen. Es ist eher als „Radius“ zu sehen. Hoffnung gibt es bei der Post eher selten.

Sie gibt es jedenfalls an den Zustellrayon weiter. Vielleicht liegt das Paket ja noch dort? Dann fragt sie zum Abschluss noch, ob mich der Kundenservice unter der Nummer mit der ich jetzt angerufen habe, zurückrufen darf. Selbstverständlich! Ich fühle mich gut betreut, auch wenn ich in Gedanken das Paket schon unter „verloren“ ablege. Nicht umsonst sagt man ja: ein Paket „aufgeben“.

Am nächsten Tag passiert das Unglaubliche. Kurz nach sieben Uhr morgens klopft der Postbote meines Vertrauens an meine Tür. Ich öffne und er hält das Depot-Paket in Händen. Er überreicht es mir und gibt mir noch den Hinweis: “Du hast da eine Benachrichtigung bekommen, die kannst Du vergessen und wegschmeißen.“ Ich erzähle ihm kurz die Geschichte der Abholstation und der Servicenummer. Er informiert mich, dass er jetzt drei Tage im Urlaub war. Schon geht alles daneben. Das Paket lag immer noch in der Zustellbasis außerhalb von Wien. Das Subunternehmen hat das Paket nicht mal angefasst. Und dann teilt er mir noch seine Meinung zu dem Subunternehmen mit. Ich wiederhole die Worte jetzt nicht – es könnten auch Kinder diese Kolumne lesen.

Paket jedenfalls angekommen. Tränen der Freude und Erleichterung überkommen mich und ich habe dadurch die wohl interessante Sendungsverfolgung aller Zeiten. Das doppelt zugestellte Paket (siehe rechts).

Am nächsten Tag macht die Post das gute Gefühl irgendwie wieder kaputt, denn der Kundenservice ruft mich an und teilt mir mit, dass ich mein verschollenes Paket gestern erhalten habe. Ich weiß! Ich war dabei! Ich habe es selbst entgegengenommen. Das ist kein Service. Das ist nervig! After-Sales-Problemlösungs-Calls für Probleme die bereits gelöst sind, sind flüssiger als Punsch in der Weihnachtszeit – nämlich überflüssig!

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