CallCenter Profi

Interview mit Markus Deutgen über den Kundendialog 2025

 – Alexander Jünger

Über die aktuelle Trendstudie "Kundendialog 2025" sprachen wir mit Markus Deutgen, Sales Manager Deutschland bei Conecteo SAS – Manufacturer of KIAMO.

CallCenterProfi: Genauso wie Unternehmen Bots in der Kundenkommunikation und in der Automatisierung einsetzen, werden auch die Kunden Bots für sich "arbeiten" lassen. In letzter Konsequenz sehen die Forscher eine Inter-Bot-Kommunikation. Also Customer-Bots kommunizieren mit Unternehmens-Bots. Halten Sie das für realistisch? Für welche Aufgaben würden Sie selbst einen Bot einsetzen?

Deutgen: Ich halte es für sehr realistisch, dass Menschen unter dem Vorwand des besseren Zeitmanagements die eigene Convenience, was neudeutsch auch „Faulheit“ bedeuten könnte, kultivieren werden. Hierzu wird dem Anwender kein Aufwand zu groß sein, wenn die Abwälzung von Unternehmensaufgaben auf den Kunden nur spielerisch genug erfolgt, als dass diesem der Vorgang als kostenloser Fortschritt vorkommt. Der Anwender kultiviert so seine eigene Filterblase und schließt sich selbst von exogenen Impulsen weitgehend aus, es sei denn, diese würden ihm als eine Art neue Werbeform innerhalb der Bots kommuniziert.

Meine Kühlschrank-KI kauft automatisch neue Milch meiner präferierten Marke, unterdes ich nicht mitbekomme, was die Alternativen zwischenzeitlich sein könnten. Ich spare Zeit an zufälligen Sozialkontakten zum Beispiel im Supermarkt, die ich darauf verwenden kann, meine Selbstoptimierung voranzutreiben. Ich laufe keinen Meter mehr zu viel, um möglichst viel Zeit für den Besuch des Fitnesscenters zu sparen.

CallCenterProfi: Die Forscher schließen nicht aus, dass durch Menschen erbrachte Services künftig extra bepreist werden, wenn diese Leistungen auch durch einen Bot, eine Software oder eine Maschine erbracht werden kann. Halten Sie das für realistisch? Für welche durch Menschen erbrachten Services würden Sie extra zahlen, wenn sich wirklich alles automatisieren ließe?

Deutgen: Ich tue das heute bereits. Allgemein ist der bekannteste Bot der in der Bank für Daueraufträge von Geldzahlungen. Die Verarbeitung von Einzelüberweisungen wurde auf den Kunden übertragen. Er tippt entweder etwas in einen Automaten oder in eine Onlinebanking-Software. Wenn es mir zu lästig ist, gebe ich ein Überweisungsformular bei der Bank ab und zahle bereits heute für deren menschliche Bearbeitung.

Ob zukünftig im Apotheken- oder Medizin-Bereich noch alle Leistungen manuell erbracht werden müssen oder ob mir ein Diagnosebot lieber ist, als ein versierter Arzt, welcher auch abseits einprogrammierter Krankheitsbilder denken kann, das wird vom Entwicklungsstand der Technik abhängen. Es wird immer ein Segment geben, in dem für Manpower gezahlt werden wird, anstatt sich aus einer Fülle digitaler Einstellmöglichkeiten ein Angebot zusammenzustellen. Betrachten wir mal das absolute Luxusreise-Segment und was man unter wahrer Convenience versteht, dann sage ich als Milliardär meinem Privatsekretär, dass ich heute Abend in einem anderen Land dinieren möchte. Mein Sekretär bucht den Charter-Jet und organisiert die Transfers wie auch den Tisch im Restaurant in - zum Beispiel - in London.

CallCenterProfi: Kunden und Interessenten werden personenbezogene Daten auch weiterhin freigeben und durch Unternehmen nutzbar machen, wenn sie dafür einen Mehrwert erhalten. Halten Sie das für realistisch? Wenn ja, was wäre ein solcher Mehrwert aus Ihrer Sicht?

Deutgen: Ja, das wird sich nicht ändern. In Anglizismen gepackt, klingt es weniger entlarvend, doch letztlich gibt es auch noch Rückschläge: Der Gewinn eines Nutzens, der die persönliche Faulheit begünstigt, ist eine mächtige Triebfeder. Der Mensch fand und findet schon immer Geschenke oder Tauschgeschäfte attraktiv, bei denen er denkt etwas zu erhalten, dessen Wert größer ist, als jenen, welchen er preis gibt. Das war bei Rabattmarken so und ist im B-to-B beim Skonto und Dreingaben so.

Die Preiselastizität des Produktes steigt für den einzelnen Kunden, relativ zum gefühlten Nutzen und der geringen Anstrengung. Daten bedeuten keine Anstrengung, so lange sie automatisch erhoben werden. Und „Geschenke“ sind Nutzen. Oder haben Sie noch nie beobachtet, wie Menschen vor dem Baumarkt Schlange stehen, um an einem Glücksrad drehen zu können, nur um einen bedruckten Gratisputzeimer samt Lappen zu ergattern? Übrigens kann der Nutzen auch vermeintliche Sicherheit sein, zum Preis von Überwachung.

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Mehr zur Trendstudie "Kundendialog 2025" lesen Sie in der aktuellen Titelstory des Fachmagazins CallCenterProfi. Der Beitrag steht hier im Online-Archiv für Leser mit gültigen Zugangsdaten zum Abruf bereit.

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