CallCenter Profi

Interview: "Ich nenne unsere Arbeit 'Fließbandarbeit im Kopf'."

 – Holger Albers

Im Rahmen der Dienstleisterporträts in der Printausgabe des Fachmagazins "CallCenterProfi" sprachen wir mit Burkhard Rieck, geschäftsführender Gesellschafter der Invitel GmbH.

CallCenterProfi: Als Kunde nutzen auch Sie die Dienste von Call Centern. Wann haben sie zuletzt in einem angerufen (nicht dem eigenen selbstverständlich) und sich über die Leistung eines Agents gefreut oder geärgert - und warum natürlich?
Rieck: Tatsächlich habe ich in diesem Jahr den Kundenservice bei Tele 2 mehrfach genutzt und habe erlebt, wie die Anliegen meiner Mutter zunächst nicht, dann aber sehr freundlich und zügig bearbeitet wurden. Zunächst also ein Mitarbeiter, der nicht ordentlich gearbeitet hat und dann eine sehr freundliche polnische Mitarbeiterin, die sehr gut deutsch sprach, dabei einen starken polnischen Akzent hatte. Dieses war auf Grund der Freundlichkeit jedoch völlig unwichtig. Diese Mitarbeiterin hätte ich sofort eingestellt.

CallCenterProfi: Wenn Sie frei wählen könnten: Welchen Auftrag würden Sie mit Ihrem Call Center gerne übernehmen?
Rieck: Ich bin völlig frei in meinen Entscheidungen. Ich würde keine Aufträge für Rassisten, Waffenhersteller oder -lobbyisten annehmen, keine Aufträge, die offensichtlich darauf ausgerichtet sind, Menschen zu schädigen, ob finanziell oder gesundheitlich.

CallCenterProfi: Mitarbeiter im Call Center müssen heute andere Qualifikationen mitbringen als vor zwanzig Jahren? Welche halten Sie für die wichtigsten und warum? Gibt es dabei auch eine Eigenschaft, die Sie persönlich nicht haben?
Rieck: Ich würde als Kundenservicemitarbeiter nur mittelmäßig gut sein - deshalb bin ich es nicht, sondern bin der Unternehmer. Spaß beiseite. Ich nenne unsere Arbeit "Fließbandarbeit im Kopf". Hierauf müssen sich Mitarbeiter in unserer Branche einstellen. Die Preise haben sich in den letzten 15 Jahren mehr als halbiert - der Druck ist also enorm geworden. Damit auch der Druck auf die Mitarbeiter, die heute mehr wissen müssen, sich besser in den Systemen der Auftraggeber auskennen müssen, Kundenbindungs- und Sales-Gedanken im Kopf haben müssen. Und das "am Fließband" - Respekt.

CallCenterProfi: Warum ist Ihrer Meinung nach das Image der Branche - zumindest in einigen Bevölkerungskreisen - nach wie vor so schlecht? Oder sehen Sie das anders? Was tun Sie persönlich, um dieses Image zu verbessern?
Rieck: Das Image der Branche ist sicher besser geworden - so ist zumindest mein persönliches Empfinden. Seit den UWG-Änderungen, die das Outboundgeschäft doch deutlich reglementiert haben, ist es aus meiner Sicht ruhiger geworden. Vorher wurde viel Staub aufgewirbelt, oft zu recht, manchmal nicht. Wir sind halt in der Bezahlung ganz unten im Ranking unserer Gesellschaft und hatten eine schlechte Zeit. Wir machen Tage der offenen Tür, holen die Kinder und Ehepartner in unsere Unternehmen, etwa anlässlich der alljährlichen Spendentelefonie. Oft verabschieden wir dann staunende Gäste, die beeindruckt sind von dem, was wir machen.

CallCenterProfi: Immer neue Schlagworte bestimmen die Diskussion. Welcher Begriff sorgte in der Geschichte der Call Center Ihrer Meinung nach für den größten Hype und stellte sich später als Luftnummer heraus? Welcher Begriff wird die nächsten Jahre prägen?
Rieck: Das Thema "Social Media" wird seit einigen Jahren nach vorn gestellt und aus meiner Sicht gibt es da wenig Konzepte. Die Kommunikation verlagert sich in diese Welt der "neuen Kommunikation" - hier wird versucht, mit alten Modellen in die neue Welt einzusteigen. Meines Wissens nach gibt es jedoch weder nennenswerte Aufträge, noch sinnvolle Konzepte. Alle wollen, wissen jedoch noch nicht wie. Dazu habe ich das Gefühl, dass keiner oder nur wenige dafür Geld ausgeben wollen, obwohl es dringend nötig wäre, da es um die Kunden von morgen geht. Beherrschen wird uns das Thema Digitalisierung. Der Call wird aus meiner Sicht in den nächsten Jahren auf 20 Prozent des heutigen Volumens zurückfallen. Unsere Auftraggeber werden sich verändern - es wird keine leichte Zeit für unsere Branche werden. Wir werden uns neu erfinden müssen.

Das Dienstleisterporträt über die Entwicklung von Invitel finden Abonnenten unserer Printausgabe hier im Online-Archiv ...

http://www.callcenterprofi.de/fachartikel/detail/serie-call-center-ihre-entwicklung-und-ihre-macher-invitel-gmbh-20154951/

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