CallCenter Profi

Hamburg

 – Steffanie Gohr

Die Hansestadt Hamburg zählt rund 2.500 Brücken- mehr als Venedig. Außerdem zählt sie 241 Call Center und 12.000 Agenten und bietet akzentfreies Hochdeutsch. Damit ist Hamburg eine Call Center-Hochburg, die von zahlreichen großen Auftraggebern vor allem aus dem Dienstleistungssektor lebt.

Hamburg ist eine attraktive Stadt mit einem umfassenden Freizeit- und Kulturangebot und Arbeitskräfte in die Hansestadt zu lotsen würde sich unproblematisch darstellen - wenn es denn nötig wäre. Denn Hamburg ist auch ein bedeutsamer Hochschulstandort und verfügt von Haus aus über ein hohes Potenzial an qualifizierten und flexiblen Arbeitskräften. Da akzentfrei Hochdeutsch gesprochen wird gehen besonders auch bundesweite Aufträge oft an Hamburger Call Center - daneben gibt es natürlich eine breite Palette an Fremdsprachen, immerhin ist Hamburg eine kosmopolitische Hafenstadt. Kein Wunder, dass die Hamburgische Gesellschaft für Wirtschaftsförderung HWF Hamburg als "bedeutenden Call Center-Standort" bezeichnet. Auch deshalb, weil die Hamburger Wirtschaft seit 2006 kräftig anzieht, ihr Wachstum liegt leicht über dem Bundesdurchschnitt. Laut Hamburger Abendblatt sind die 209 größten Hamburger Arbeitgebern positiv gestimmt, die Rede ist von Personalaufstockungen. Die Folge des Wachstums: Mehr Aufträge für Call Center.

Branchenschwerpunkt Medien und Dienstleistung

Hamburg ist deutsche Medienhauptstadt, deshalb sind für Call Center besonders Auftraggeber aus der Medienbranche und dem Dienstleistungssektor interessant, etwa IT, Medizin, Retail und Tourismus. Häufig handelt es sich um anspruchsvolle und erklärungsbedürftige Produkte und es ist keine Seltenheit, dass Ärzte und Ingenieure Telefonberatungen durchführen.

Dr. Alexander Kozak, Geschäftsführer vom Call Center-Dienstleister Teleperformance (ehemals all by phone und net) bestätigt: "Einen Aufgabenschwerpunkt bilden für uns die Service-Hotlines für Telekommunikationsanbieter, Internetprovider oder öffentliche Unternehmen der Stadt. Gerade technische Support-Hotlines erfordern ein detalliertes Fachwissen. Im Outbound betreuen wir oft Kunden aus der Verlagsbranche, Finanzdienstleister oder Energieanbieter, wo Cross- und Up-Selling-Projekte mit Bestandskunden im Vordergrund stehen und der Agent die Angebote geschickt am Kundenprofil ausrichten muss." Teleperformance unterhält in Deutschland Niederlassungen in München, Hamburg und seit Ende 2006 in Greifswald. In Hamburg beschäftigt der Dienstleister rund 500 fest angestellte Mitarbeiter im Inbound (60 Prozent der Projekte) und Outbound (35 Prozent der Projekte). Für die Hamburger Niederlassung sieht Kozak vor, weitere Auftraggeber aus der Stadt wie etwa städtische Betriebe zu gewinnen.

Die Infrastruktur passt

(Quelle: http://www.hamburg-economy.de/ ) Das Wirtschaftliche Umfeld ist also von Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor und den Medien geprägt, in denen die Bereitschaft zur Auslagerung von Geschäftsprozessen - an Call Center - besonders hoch ist. Auch im Bereich Personal gibt es Experten zufolge keine Engpässe, auch nicht bei hoch qualifizierten Mitarbeitern für anspruchsvoller Agent-Aufgaben, an denen besonders die in Hamburg zahlreich vertretenen Markt- und Meinungsforschungsinstitute einen hohen Bedarf haben. Teleperformance-Geschäftsführer Dr. Alexander Kozak lobt: "Hamburg bietet eine große Zahl qualifizierter Leute mit dialektfreier Aussprache. Zum einen macht sich hier die Universität bemerkbar. Zum anderen hat die große Anzahl an Call Centern in Hamburg zur Folge, dass viele Leute bereits Erfahrung mit der Arbeit in Call Centern gesammelt haben und nicht völlig neu angelernt werden müssen." Die flächendeckend vorhandene Technische Infrastruktur bietet fast überall DSL-Verbindungen, sodass Call Center etwa Voice-over-IP-Technik zur Kostensenkung einsetzen können. So wurden die Call Center von Premiere zum Beispiel 2005 komplett auf VoIP umgestellt. Kostensparend wirkt auch, dass die Deutsche Telekom starke Konkurrenz durch private Anbieter wie 1&1, Hansenet oder wilhelm.tel hat. Denn dadurch entsteht ein verschärfter Innovations- und Preiswettbewerb auf dem Telekommunikationsmarkt. Auch die Hamburger Verkehrsinfrastruktur stimmt - selbst außerhalb der Hauptverkehrszeit in den Abendstunden und am Wochenende können die Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen. Der Rechtliche Rahmen schließlich sieht vor, dass Call Center-Dienstleistungen nun auch an Sonn- und Feiertagen erbracht werden dürfen. Eine Genehmigung ist zwar nach wie vor erforderlich, anders als in vielen anderen Bundesländern, allerdings muss sie nur noch einmal jährlich eingeholt werden (Bedarfsgewerbeverordnung).

Otto Call Center: "Höhere Kosten, aber bessere Dienstleistungsqualität."

Doch ein allgemeiner Trend zeigt sich auch im Hamburger Raum: Es gibt Experten zufolge immer mehr Inhouse Call Center. Die übernehmen verstärkt Aufträge für Drittfirmen und machen es den freien Call Centern schwer, konkurrenzfähig zu bleiben. Schließlich steht Inhouse Call Centern dank ihrer Mutterfirmen meist mehr Budget zur Verfügung. In Hamburg betreiben etwa die Techniker Krankenkasse, die DAK und das Versandhaus Otto große Inhouse Call Center. Dessen so genanntes Otto Call Center betreibt drei Kundencenter mit unterschiedlichen Aufgabenschwerpunkten: Telefonmarketing, Technik-Hotline und Inbound-Kundencenter. Das Telefonmarketing-Center beschäftigt 160 Mitarbeiter und führt Telefonmarketingaktionen für Unternehmen aus verschiedenen Branchen durch, wie zum Beispiel Versicherungen, Verlage, Finanzdienstleistungen und Baustoffhandel, außerdem für die Otto GmbH &Co KG und weitere Unternehmen der Otto Gruppe. Das Otto-Kundencenter zählt 130 Mitarbeiter und ist zuständig für Kundenberatung, die Möbel-Hotline, die Hotline für Finanzthemen und Kundenbindung. Die Technik-Hotline zählt 30 Mitarbeiter, die Beratung auf folgenden Gebieten leisten: Computertechnologie, Hard- und Software, Telekommunikation inklusive Mobilfunk und Prepaid-Freischaltung, Unterhaltungselektronik sowie Groß- und Kleinelektrogeräte.

Lothar Illing, Leiter von Otto Call Center, begründet die Standortentscheidung für Hamburg historisch: "Der Ursprung und die Zentrale von Otto befinden sich in Hamburg. Dort wurden auch die ersten Kundencenter des Versandhandelsunternehmens gegründet, sodass Otto Call Center heute auf eine historisch gewachsene Verbindung zum Standort Hamburg blickt." Otto habe über Jahre Kompetenzen im Kundenservice zu speziellen Themen aufgebaut, etwa in der Technik-Hotline. Aber auch die Infrastruktur spreche für Hamburg: Die zentrale Lage ermögliche kurze Wege zu den Geschäftspartnern. So fänden die Schulungen für die Mitarbeiter etwa direkt in den Kundencentern statt und kurzfristige Änderungen seitens der Auftraggeber ließen sich durch kurze Kommunikationswege leichter umsetzen. Für die Zukunft plant Otto Call Center eine langfristige Zusammenarbeit mit den Geschäftspartnern und eine Ausweitung des Drittgeschäfts auch auf weitere Geschäftsfelder wie Warehousing- und Logistikdienstleistungen oder Prämieneinkauf. Call Center-Leiter Lothar Illing ist mit dem Standort Hamburg jedenfalls zufrieden: "Der vermeintliche Kostennachteil des Standortes Hamburg gegenüber Call Centern im Ausland wird mit deutlich besserer Dienstleitungsqualität mittel- und langfristig kompensiert."

Auswahl an Call Centern

(http://www.hamburg-economy.de/)

In Hamburg haben stark expandierende Unternehmen wie die D+S europe AG und die Ipsos GmbH als Marktführer im Teilsegment der Markt- und Meinungsforschung ihren Sitz.

Weitere Anbieter sind zum Beispiel:

  • D+S europe AG
  • getaline CommCenter-Network GmbH
  • seka team Telefon-Marketing GmbH
  • Teleperformance
  • Ipsos GmbH
  • Agentur Altenberger
  • K.M.S. Kommunikation Marketing Service GmbH
  • Direct Line Marketing und Kommunikation GmbH
  • Ears and Eyes GmbH
  • GFP Dialog mbH
  • ASK Gesellschaft für Sozial- und Konsumforschung mbH
  • Fittkau &Maaß GmbH
  • RMM Marketing Research International GmbH...

(eine Liste kann bei der HWF angefordert werden)

Interview mit Thiess Johannssen,

Manager Corporate Communications bei D+S europe, Hamburg

CallCenterProfi: Wie viele Mitarbeiter beschäftigt D+S europe und welche Aufgabenschwerpunkte gibt es? Thiess Johannssen: D+S europe beschäftigt in Hamburg 250 Mitarbeiter. Der Schwerpunkt liegt im Inbound, und zwar im technischen Support für IT- und Telekommunikationsunternehmen. Unsere User-Help-Desk-Angebote ergänzen den First Level unserer Kunden - wird es technisch komplex springen unsere hochqualifizierten Techniker ein. Doch wir haben nicht nur Netzwerkadministratoren und Webmaster. Auch im kaufmännischen Bereich haben wir besonderes Know-how aufgebaut.

CallCenterProfi: Warum hat sich für den Standort Hamburg entschieden?

Johannssen: In Hamburg gibt es einen guten Arbeitsmarkt für technisch affine Mitarbeiter und für besonders anspruchsvolle Dienstleistungen. Außerdem gibt es eine gute Verkehrsinfrastruktur. D+S ist in der City Nord hervorragend mit U- und S-Bahn erreichbar.

CallCenterProfi: Was halten Sie von der Ausbildungssituation?

Johannssen: Wir begrüßen die neuen Ausbildungslehrgänge sehr. D+S europe hat auch maßgeblich an deren Entwicklung mitgewirkt und an allen Standorten entsprechende Ausbildungsplätze geschaffen. Abgesehen davon qualifiziert D+S europe seit jeher intern anhand von E-Learning- und Qualitätssicherungsprogrammen.

CallCenterProfi: Welche Pläne hat künftig noch in Hamburg?

Johannssen: Der technische Bereich, der derzeit 50 Mitarbeiter umfasst, wird kurzfristig auf 100 Mitarbeiter aufgestockt werden.

Standort-Statement von Jörn Folkens, Leiter Personal und Recht beim Call Center-Dienstleister Direct Line Marketing und Kommunikation GmbH, Hamburg

"Wir beschäftigen in Hamburg insgesamt rund 450 Mitarbeiter und bedienen sämtliche klassischen Call Center Dienstleistungen. Weitere Niederlassungen gibt es in Bremen und Rostock. Der Hamburger Standort ist einmal historisch bedingt - Geschäftsführer Matthias Malik ist gebürtiger Hamburger. Andererseits haben große Wirtschaftsunternehmen und viele Auftraggeber hier ihren Hauptsitz und viele Quereinsteiger und Studenten stehen als potenzielle Arbeitskräfte zur Verfügung. Schwerpunkte von Direct Line liegen in den Bereichen:

  • Verlagsgeschäft (Kundenrückgewinnung für Serienbücher, CD-Serien, Probe-Abos, Sammelwerke sowie Printmedien)
  • Energiemarkt (Außendienstterminierung, Beratungs-Hotlines)
  • Non-Profit-Organisationen
  • Versicherungen
  • Technologieunternehmen
  • Tabakindustrie
  • Automobilbranche
  • Gesundheitswesen (oft Krankenkassen)

Direct Line übernimmt oft sehr beratungs- und schulungsintensive Kundenprojekte, in denen Call Center- Agents mit speziellen Berufsausbildungen benötigt werden, zum Beispiel aus dem medizinischen oder technischen Bereich. In Hamburger gibt es zusätzlich ein Call Center, das auf den Bereich Sales und Außendienstterminierung spezialisiert ist. Im ersten Quartal 2007 werden wir unser Personal in Hamburg um 50 Agents aufstocken und die mittlere Führungsebene ausbauen. Außerdem wollen wir unseren Qualitätsvorsprung gegenüber Mitbewerbern durch verstärktes Coaching unserer Agents weiter festigen."

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