CallCenter Profi

Fundstück: Call Center-Erpressung mal anders

 – Alexander Jünger

Normalerweise ist es eher so, dass sich Kriminelle und Betrüger Call Center-Strukturen bedienen, um Privatleute zu schädigen. Jetzt wurde der Spieß von einem Versicherungsmakler umgedreht. Kreativ ja - trotzdem illegal. Am Amtsgericht Frankfurt wurde dieser Fall nun verhandelt.

Besser hätte sich ein Kriminalbuch-Autor die Geschichte nicht ausdenken können, die Mitte der neunziger Jahre ihren Anfang nahm und in der Frankfurter Rundschau nachzulesen ist. Demnach er erhielt Ralf S. als angehender Abiturient einen Anruf von einer Vermögensberatung, ob er nicht "an finanziellen Vorteilen interessiert sei". Ein klassischer Cold Call aus einem Call Center, doch S. willigte ein und fand sich kurze Zeit später auf einer Anwerbeveranstaltung der Vermögensberatung wieder, die laut Internetrecherchen ein Geschäftsmodell betreibt, dass "bei einigen Verbraucherschützern umstritten" ist.

Ralf S. steigt ins Pyramidensystem des Unternehmens ein und erreicht bis zum Jahr 2010 sogar Stufe 5, die etwa der Position eines Agenturleiters entspricht. Bis zu den Einnahmen und Luxusgütern, die ihm damals kurz vor dem Abi versprochen wurden, war es trotzdem noch ein sehr weiter Weg. S. wollte einfach nur noch weg. Da das nicht so einfach war, ätzte S. solange per E-Mail an Kollegen über seine Vorgesetzte, bis er entlassen wurde. Danach trat er bei rennomierten Medien als Kronzeuge gegen die Vermögensberatung auf und machte sich ebenfalls in diesem Geschäftsumfeld. Maßnahmen und Klagen seines Ex-Arbeitgebers, gegen S. vorzugehen, scheiterten allesamt.

Das Finale stieg dann im April 2019, als Ralf S. seinem Ex-Arbeitgeber mitteilte, an einem Enthüllungsbuch über die Vermögensberatung zu arbeiten. 540.000 hätte ihm ein Verlag für die Buchrechte angeboten. Sein Vorschlag: Die Vermögensberatung zahlt S. eine höhere Summe, um die Veröffentlichung zu verhindern. Geld bekam S. nicht - dafür eine Anzeige.

Statt versuchter Erpressung wurde S. jetzt wegen versuchten Betrugs verurteilt, außerdem verwarnt. 4.000 Euro muss S. zudem an die Verbraucherzentrale Hessen zahlen. Die Frankfurter Rundschau war bei der Urteilsverkündung dabei, in der der Richter die Tat eine „Dummheit“ nennt.

Den ganzen Fall können Sie hier auf der Webseite der Frankfurter Rundschau Revue passieren lassen ...

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