CallCenter Profi

Interview: Kundenorientierung und Servicefreude machen den Unterschied

 – Alexander Jünger

Über die Buchneuerscheinung „Kundenorientierung und Servicefreude“ sprachen wir mit Ulrike Dolle, Co-Autorin, Beraterin und Trainerin beim ADM Institut in Paderborn. Das Buch richtet sich an Mitarbeiter im technischen Helpdesk und IT-Servicetechniker.

CallCenterProfi: Frau Dolle, „Kundenorientierung“ ist klar, doch was genau verstehen Sie unter dem Begriff „Servicefreude“?

Dolle: Das ist eine spannende Frage. Der Begriff Servicefreude ist ja eine Kombination aus den Begriffen „Service“ und „Freude“. Der Begriff Service wird gerade in Umfeld der ITK sehr technisch interpretiert. Wir meinen jedoch Service als weichen Faktor - also das Miteinander im Kundenkontakt: Wie gehen wie miteinander um, begegnen wir uns auf Augenhöhe und wertschätzend miteinander im Gespräch? Es ist die Haltung gegenüber dem Gesprächspartner, mit dem ich mich gerade austausche. Was denke ich über denjenigen, mit dem ich gerade im Kontakt bin. Habe ich ein positives Bild und kann zu jeder Zeit die positive Absicht hinter einem Anliegen entdecken, auch wenn es in brisanten Situationen gar nicht so leicht ist, cool und besonnen zu reagieren.

Bin ich in der Lage, empathisch und freundlich, also mit Freude eine Begegnungsqualität zu schaffen, die sowohl meinen Kunden als auch mich selber begeistert. Das ist mit dem Begriff Freude gemeint. Dazu möchte ich ein Beispiel nennen. Ein Kunde ruft aufgeregt in der Hotline an und schildert, dass er beim Einstecken seines Druckers einen Stromschlag bekommen hat. Nun funktioniert das Gerät nicht mehr. Was wäre jetzt eine angemessene Reaktion des Servicetechnikers? Es wäre sehr schön, wenn der Servicetechniker sich nach dem gesundheitlichen Zustand des Anrufenden erkundigen würde in dem er fragt: "Oh je, da haben sie sich sicherlich sehr erschreckt. Ich hoffe Ihnen ist nichts passiert. Wie geht es Ihnen jetzt?" Es ist also durchaus sinnvoll, erst einmal empathisch auf die Situation einzugehen und erst später zu dem Ticket überzugehen, was natürlich später durch diesen Anruf eröffnet wird. So bedeutet Servicefreude die Freude im Umgang mit dem Kunden - empathisch und mit Herz auf seine Anliegen einzugehen und angemessen darauf zu reagieren.

CallCenterProfi: Technischer Kundenservice wird nicht unbedingt mit Serviceorientierung assoziiert. Das Fachwissen ist in diesem Segment (ganz zwangsläufig) gegeben, allerdings scheint es oft an Empathie und anderen Softskills in der Kundenkommunikation zu hapern. Können Sie das bestätigen und wenn ja, woran liegt das aus Ihrer Sicht?

Dolle: Grundsätzlich kann ich sagen, dass ich es im Service, besonders im technischen Service mit vielen Menschen zu tun habe, die sehr empathisch auf ihre Kunden eingehen. Die, die dies ganz besonders gut können, haben ihr Verhalten im Austausch mit anderen bereits reflektiert, überprüft und Strategien erlernt, im Kundenkontakt besonders gut zu wirken.

Natürlich wird im technischen Service das Augenmerk von Führungskräften in erster Linie auf die fachliche Seite gelegt. Das ist ja auch die Basis dafür, dass ein Kundenanliegen fachlich optimal gelöst werden kann. Da wird viel Zeit und auch Geld hineingesteckt. Nicht jede Führungskraft hat dann noch die Geduld und das Budget, auch die menschliche Seite im Kundenkontakt, also die Kundenorientierung und Servicefreude der technischen Mitarbeitenden, zu fördern. Wenn man bedenkt, dass in den Zeiten, in denen sich ein Servicetechniker in einer Fortbildung befindet, Kunden mit ihrem technischen Anliegen warten müssen, ist dies im ersten Moment sogar nachvollziehbar. Dass dies aber eine kurzfristige Rechnung ist, sehen viele nicht. Denn die Qualität der Begegnung spielt eine mindestens genauso große Rolle, wie die Lösung des technischen Anliegens: Beziehung geht immer vor, dann erst kommt das Anliegen selbst. Also echte Beziehungsarbeit. Es gibt mittlerweile sogar Tendenzen, dass man besonders serviceaffine Menschen einstellt, um ihnen dann im Nachhinein erst das fachliche Wissen beizubringen. Das ist ein recht neuer Ansatz, um den Anforderungen des Kunden an die Begegnungsqualität gerecht zu werden, aber in Zeiten des Fachkräftemangels durchaus pfiffig.

Empathie und andere Softskills in der Kundenkommunikation sind aber grundsätzlich erlernbar. Die Führungskräfte, die darauf schauen und ihre Mitarbeitenden weiterentwickeln und in die Servicefreude investieren, die schaffen langfristig echte Kundenbegeisterung.

CallCenterProfi: Das ADM Institut hat spezielle digitale Lerninhalte für mobiles Lernen entwickelt. Kann man davon ausgehen, dass Mitarbeiter aus dem technischen Service solchen vergleichsweise neuen Lernmethoden offener gegenüberstehen, als man dies in anderen Branchen erwartet?

Dolle: Natürlich sind Mitarbeitende im technischen Service offen gegenüber digitalen Lernmitteln. Ob Sie jedoch offener sind, als andere Servicekräfte, das ist gar nicht so leicht zu beantworten. Da unsere Kunden zu über 80 Prozent aus der ITK-Branche kommen, kann ich keine objektive Aussage dazu machen. Grundsätzlich stellen wir fest, dass es eine Typ- und ein Zeitfrage ist.

Es gibt Menschen, die digitalen Lernmittel favorisieren, da sie zu jeder Zeit flexibel anschaubar sind. Was den meisten allerdings wichtig ist, ist der Austausch mit Kollegen und Kolleginnen. Deshalb haben wir, passend zu dem Buch „Kundenorientierung und Servicefreude“, ein Lernprogramm kreiert, das in kleinen Lerngruppen mit digitaler Unterstützung Inhouse durchgeführt werden kann. Ein Moderator erhält über einen geführten Prozess die Kompetenz, eine Gruppe zu diesem Thema auf eine Lernreise zu schicken, ohne, dass er selber eine Moderatorenausbildung durchlaufen haben muss. Kundendialoge werden gemeinsam angehört und reflektiert. So entstehen untereinander Diskussionen, Erkenntnisse und ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess, der dazu führt, dass die Begegnungsqualität mit dem Kunden permanent steigt. Dieses Programm wurde bereits von 4.500 Menschen durchlaufen und von den Teilnehmenden als hervorragend bewertet.

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