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Interview: HR-Abteilungen im Call Center hinken der Digitalisierung hinterher

 – Alexander Jünger

Wie die Digitalisierung im HR-Management analog zum Einzelhandel funktionieren kann und warum besonders personalintensive Branchen wie Call und Contact Center von dieser Entwicklung profitieren, haben wir Mathias Daniel, Geschäftsführer der planen+steuern GmbH im Kurzinterview gefragt.

CallCenterProfi: Herr Daniel, das Schlagwort „Digitalisierung“ ist übergreifend in aller Munde. Woran liegt es, dass sich speziell das HR-Management damit schwer tut?
Daniel: Da spielt die Menge der Aufgaben, für die HR heute verantwortlich zeichnet, eine entscheidende Rolle. HR wird im Kontext der Digitalisierung derzeit sehr stark in personalstrategischen Fragen gefordert. Das Management erwartet Antworten auf die Frage, wie die Digitalisierung die Arbeitswelt verändert, welche Auswirkungen diese Veränderungen auf zukünftige Stellenprofile hat, wie Bestandsmitarbeiter weiter qualifiziert werden müssen, welche rechtlichen oder regelungsbedürftigen Aspekte die neuen Arbeitsmöglichkeiten der Digitalisierung mit sich bringen und so weiter. Da geht der Aspekt, welche massiven Möglichkeiten die Digitalisierung für die eigentliche HR-Arbeit bietet, oft in den globalen Themen unter.

CallCenterProfi: Call und Contact Center sind traditionell sehr personalintensive Umgebungen. Sind die Potenziale, die sich mit einem softwaregestützten HR-Management erzielen lassen, damit noch größer als in anderen Segmenten?
Daniel: Ja, natürlich. Überall dort, wo es eine hohe Volatilität in der Mitarbeiterschaft gibt (damit meine ich nicht nur die Fluktuation, sondern auch Themen wie befristete Verträge / Vertragsänderung, Bereichswechsel und Fehlzeiten) werden Mitarbeiter häufiger verwaltungstechnisch bearbeitet als in anderen Branchen. Jeder dieser Prozesse kann mit dem HR-Prozessleitstand automatisiert, beschleunigt und sicherer gemacht werden. Das bietet gerade im Call und Contact Center enormes Potenzial.

Ein Beispiel: die Einhaltung von Fristen und Terminen. Da besteht auf der einen Seite großes Potenzial durch Automatisierung, denn in fast allen Unternehmen erfolgt die Überwachung von Fristen und Terminen durch die Personalsachbearbeiter selbst – also manuell mit Excel oder Listen. Auf der anderen Seite führt das praktizierte manuelle Nachhalten direkt zum nächsten Potenzial: dem Verlust von Ansprüchen beziehungsweise Verursachung von Mehrkosten, wenn Fristen und Termine vergessen oder nicht eingehalten werden. Softwarelizenzen im Pay-Per-Use-Verfahren, Lohnfortzahlung bei Vertragsänderung (Reduktion) oder sogar Kündigung, verjährte Regressansprüche durch Drittverschulden bei Fehlzeiten sind nur einige Beispiele, auf die wir in Unternehmen regelmäßig stoßen. Die Vermeidung solcher Kosten haben Unternehmen im Fokus, wenn Sie sich mit dem HR-Prozessleitstand beschäftigen.

Dass gerade im Call und Contact Center das Potenzial stattlich ist, sieht man zudem daran, dass insbesondere große Dienstleister einzelne Verwaltungsprozesse für Mitarbeiter im Unternehmen auch schon automatisiert haben. Im Bereich von Softwarelizenzierung und Zugriffssteuerung bei der IT sehen wir oft bestehende Workflow-Engines, die direkt von HR (etwa beim Onboarding von Mitarbeitern) angestoßen werden können. Dabei treffen wir auf zwei Lösungsansätze: zum einen werden für Teilbereiche Spezialsysteme genutzt (etwa bei den oben beschriebenen IT-Themen), zum Anderen „bauen“ Unternehmen sich selbst Softwarelösungen – etwa für das Antragswesen.
Das neue am HR-Prozessleitstand ist, dass wir alle Prozesse, die im Lebenszyklus des Mitarbeiters im Unternehmen relevant werden, in einer modularen Standardsoftware anbieten. Dabei kommt der HR-Prozessleitstand als abteilungsübergreifendes Werkzeug zum Einsatz, denn bei vielen Prozessen kommt von HR nur die Initiierung während die Detailarbeit durch einen Fachbereich erfolgt. Dabei besteht die Möglichkeit, die Gesamtpalette der Prozesse zu nutzen oder einzelne Module (Eintritt / Austritt, Antragswesen, Abwesenheiten, Gesundheitsmanagement, …). Auch können bereits bestehende und gut funktionierende Workflows für Spezialbereiche (etwa IT-Rechte und –Lizenzen) beispielsweise in den Onboardingprozess des HR-Prozessleitstands eingebunden werden. Das macht es auch für kleinere und mittlere Unternehmen interessant, in den HR-Prozessleitstand zu investieren.

Insgesamt sehen wir uns mit dem HR-Prozessleitstand am Anfang einer Standardisierung – in fünf bis zehn Jahren wird ein Großteil der Unternehmen ihre HR-Prozesse digitalisiert haben. Das wird dann auch wieder neue Möglichkeiten in der Zusammenarbeit mit Institutionen wie der Agentur für Arbeit oder Lohnabrechnern bieten.

CallCenterProfi: Auf der CCW 2016 versprachen Sie jedem Besucher, der Ihnen am planen+steuern-Stand eine „durchdachtere, und ganzheitlichere kommerzielle Software zur Jahresurlaubsplanung, als das Modul Abwesenheitsmanagement des HR-Prozessleitstands präsentiert, eine Flasche Champagner. Wie viele mussten Sie letztlich übergeben?
Daniel: Keine einzige. Wichtig war der Punkt „kommerzielle Software“ – denn natürlich haben sich einige pfiffige Praktiker in einzelnen Unternehmen selbst Softwarelösungen gebaut, die ähnlich praxisnah funktionieren wie unsere Jahresurlaubsplanung – und wo der Markt für kommerzielle Software beim Thema Abwesenheitsmanagement steht, wissen wir.

Mehr zum Thema: Der Beitrag "HR-Management im Zeichen der Digitalisierung: Personalmanagement per Drag & Drop" steht hier im Online-Archiv bereit ...

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