CallCenter Profi

"Das klassische Call Center ist nur ein Bestandteil des 'Medienmix'"

 – Michaela Kreuzpointner

Der Konzern Xerox wird gerade umstrukturiert, was auch Veränderungen bei der Invoco Holding GmbH nach sich zieht. CallCenterProfi hat darüber mit Rainer Diekmann, CEO der Invoco Holding GmbH – a Xerox Company, gesprochen und ihn nach den Trends für die Zukunft gefragt.

CallCenterProfi: Xerox trennt aktuell seine Geschäftsbereiche und tritt künftig unter„Xerox Corp“ und„Conduent Inc.“ am Markt auf. Während des Trennungsprozesses dürfen nur bestimmte Zahlen veröffentlicht werden, weshalb Invoco am diesjährigen Ranking nicht teilnehmen kann. Was bedeutet dieser Splitt für Invoco? Unter welcher Marke werden wir Invoco künftig finden?
Rainer Dieckmann: Nach der Aufteilung werden die Xerox BPO Services – und damit Invoco – künftig unter Conduent Inc. firmieren. Neuer CEO ist Ashok Vemuri. Zusammen mit einem ausgewählten Führungsteam und in Abstimmung mit dem Investor Carl Icahn, der nach aktuellem Stand mit drei Sitzen im Board der Conduent Inc. vertreten ist, wird Vemuri die Ausrichtung des neuen Unternehmens evaluieren.

CallCenterProfi: Im vergangenen Jahr war eine der großen Herausforderungen für Xerox Services die Entwicklung eines Next-Generation-Customer-Care Ökosystems mit klaren Transitionspfaden. Können Sie bitte erklären, um was es dabei genau geht?
Diekmann: Im Vordergrund steht vor allem ein Gedanke: Dem Kunden soll die Möglichkeit gegeben werden, über alle Kanäle mit dem Unternehmen zu interagieren. Das klassische Call Center ist dabei nur ein Bestandteil des ‚Medienmix‘: Auch Social Media oder die Kommunikation über Chat-Funktionen gehören dazu. Das spiegelt auch unsere Studie ‚The state of customer service 2015‘ wieder. Hier geht es darum, die Vielfalt an möglichen Kommunikationskanälen sinnvoll zu orchestrieren und in die Prozesse zu integrieren. Das ist aber nur ein Aspekt. Darüber hinaus geht es um die Digitalisierung und Optimierung von Prozessen. Mit einem steigenden Digitalisierungsgrad kann der Kunde immer mehr Prozesse eigenständig steuern. Auf der anderen Seite können Kundenanfragen zunehmend automatisch bearbeitet und beantwortet werden. Damit das in einer zeitgemäßen Form passieren kann, die auch hohe Kundenansprüche berücksichtigt, kommt künstliche Intelligenz zum Einsatz. So kann eine natürlich-sprachliche Interaktion realisiert werden. Ein weiterer Aspekt sind die durchaus betagten Systeme, über die viele Kunden derzeit noch verfügen, und die Mehrfach-Eingaben erfordern. Genau hier können die Robotic Process Automation und das Case Management von Xerox entscheidend dazu beitragen, die Menschen in den Call Centern zu entlasten und repetitive Prozesse fehlerfrei abzubilden, wodurch Kapazitäten für andere Aufgaben freigesetzt werden können. Sie sorgen dafür, dass Automatisierungslösungen zügiger installiert werden können, skalierbar sind und sich insgesamt schneller amortisieren.

CallCenterProfi: Wie wirkt sich das Thema Digitalisierung auf Xerox Services aus?
Diekmann: Xerox hat eine ganze Palette digitaler Tools entwickelt, die den Mitarbeitern im Contact Center konkrete Leistungsanreize bieten sollen. Dazu gehören etwa Lösungen aus dem Bereich Gamification. Das gilt natürlich nicht nur für einzelne Mitarbeiter, sondern auch für Teams oder ganze Standorte. Zudem hat Xerox über den Zukauf der Firma Intrepid sowie Partnerschaften speziell den Bereich Learning verstärkt.

CallCenterProfi:
Gerade hat die Mindestlohnkommission festgelegt, dass der Mindestlohn 2017 auf 8,84 Euro steigen soll. Das Thema Sonntagsarbeit ist immer noch nicht abschließend geregelt. Wie wirken sich solche Bestimmungen bzw. Unsicherheiten auf Xerox Services bzw. die Call Center-Branche generell aus?
Diekmann: Da sich ja die Arbeitsplätze in deutschsprachigen Contact Centern vornehmlich in Deutschland befinden, steigen die Kosten für alle Beteiligten gleichermaßen. So entsteht für international aufgestellte Anbieter zunächst kein wirkliches Ungleichgewicht im Markt. Wir können über kontinuierliche Verbesserungsprozesse und Offshoring-Lösungen Kostensenkungen erreichen und erwarten durch die Bestimmungen daher eher fruchtbare Gespräche am Markt. Insgesamt steigen die Produktionskosten aber sicherlich.

CallCenterProfi: Ausblick in die Zukunft: Wie wird der Kundenservice in zehn Jahren aussehen? Was verändert sich, was bleibt?
Diekmann: Der maßgebliche aktuelle Trend, die Digitalisierung, wird weitergehen – ihre wahren Potenziale sind heute noch nicht ansatzweise erschlossen. Digitalisierte und automatisierte Prozesse geben allen Beteiligten – Contact Center Agent und Kunde – mehr Freiheiten und Gestaltungsspielräume. Der Schwerpunkt liegt dabei vor allem auf der kontinuierlichen Weiterentwicklung von Lösungen mit künstlicher Intelligenz und lernenden Maschinen. So sollen entsprechende Technologien ermöglichen, dass der „automatisierte Mitarbeiter“ quasi individuell auf Kundenanfragen reagieren kann und sich dabei ständig selber weiterbildet.
Das Xerox-Unternehmen WDS hat zum Beispiel mit dem „WDS Virtual Agent“ einen solchen Agent vorgestellt. Er basiert auf Forschungsarbeiten des Xerox Research Centre Europe (XRCE) in Grenoble. Der Agent wertet nicht nur Stichworte aus, die Kunden bei Anfragen eingeben, sondern analysiert auch kundenbezogene Daten und bezieht Erfahrungswerte von menschlichen Kundenbetreuern mit ein. Künftig werden Virtual Agents flexibel auf Fragen und Anliegen von Kunden reagieren und mit ihnen flüssige Dialoge führen – mittels Textinformationen und Sprache. So entstehen zusätzliche Kapazitäten für andere Aufgaben, die auch auf absehbare Zeit nur von Menschen erledigt werden können.
Wie genau der Kundenservice in zehn Jahren aussehen wird, kann an dieser Stelle natürlich nicht definitiv beantwortet werden, aber Xerox setzt alles daran, das technisch Machbare für die Realisierung von Visionen zu nutzen, die allen Beteiligten klare Vorteile bringen.

Passende Inhalte

Passend im Marktplatz

Business
Keine passenden Business Cards gefunden.